Salmonellen bei fleischfressenden Wildtieren – Auch eine Gefahr für Rinderbestände?

Longhornrind
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Halle. LAV. Die Salmonelleninfektion bei Rindern gilt in Deutschland als anzeigepflichtige Tierseuche und muss beim Nachweis in einem Bestand dort mit hohem Aufwand getilgt werden. Im Zeitraum 2020-2022 gelangten in das Landesamt für Verbraucherschutz 12.118 Kotproben aus 80 Rinderbeständen zur bakteriologischen Untersuchung. Dabei wurden in 523 Proben aus 10 Beständen Salmonellen kulturell nachgewiesen. Da es sich bei diesen Untersuchungen in der Regel um umfangreiche Abklärungsuntersuchungen zur Tilgung einer Salmonelleninfektion im Bestand handelte, spiegeln diese Untersuchungsergebnisse allerdings keine zufällige Beprobung wider und haben daher keinen repräsentativen Charakter. Dennoch stellt sich bei jeder Infektion die oft schwierig zu beantwortende Frage nach der ggf. zu schließenden Infektionsquelle.

Im gleichen Zeitraum wurden 777 Proben zum Tollwutmonitoring eingegangene Rotfüchse, Waschbären und Marderhunde zusätzlich auf weitere Tierseuchen- und Zoonoseerreger1 untersucht, darunter Salmonellen. Aus insgesamt 99 Proben konnten Salmonellen kulturell isoliert und mit Unterstützung des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) in Berlin sehr verschiedenen Serovaren zugeordnet werden. Mit 78 positiven Proben von 422 Waschbären, entsprechend 18,5%, war die Nachweisrate bei diesen Tieren mit Abstand am höchsten.

Auf eine mögliche Verbindung zwischen dem Auftreten einer Salmonelleninfektion in einem Rinderbestand und dem Nachweis bei Waschbären deutete nicht zuletzt ein Fall aus dem Jahr 2020 hin. In einem rinderhaltenden Betrieb kam es zum Nachweis von Salmonella Ball (S. Ball) bei einer Schlachtkuh mit Endometritis (Gebärmutterentzündung). Im Rahmen der darauffolgenden Bestandssperre und Bestandsuntersuchungen gemäß Rinder-Salmonellose-Verordnung wurden über einen Zeitraum von mehr als 10 Monaten 47 Einsendungen mit insgesamt 2.961 Proben untersucht und dabei aus 31 Proben Salmonellen isoliert und im Friedrich-Loeffler-Institut in Jena (FLI) als S. Ball spezifiziert. In den weiteren Untersuchungen traten immer wieder positive Befunde im Kälberbereich auf. Bei der Suche nach der möglichen Ursache für die wiederkehrenden Neuinfektionen rückte ein Zusammenhang mit ansässigen Waschbären in den Fokus. Vier Waschbären wurden daraufhin waidgerecht erlegt und bakteriologisch untersucht. Bei einem dieser Waschbären wurde S. Ball nachgewiesen.

Quelle: Landesamt für Verbraucherschutz.

Bei weiterführenden genetischen Untersuchungen der Salmonella Ball-Isolate durch das BfR zeigte sich eine enge genetische Verwandtschaft der Stämme des Waschbären und der Rinder, sodass eine wechselseitige Übertragung nicht ausgeschlossen werden konnte. Weitere phylogenetische Untersuchungen am BfR zeigten ebenfalls eine enge Verwandtschaft mit anderen S. Ball-Isolaten aus anderen Bundesländern bei verschiedenen Tierarten wie z. B. Wildschweinen, Hunden, Waschbären, Rindern, Hühnern, auch bei Menschen und im Abwasser in den Jahren 2019-2020 und deuten auf eine weite Verbreitung dieses Serovars2 in Deutschland hin.

Die hohe Nachweisrate für Salmonellen bei Wildkarnivoren3, insbesondere bei den im urbanen Bereich weit verbreiteten Waschbären, wie auch der beschriebene Fall lassen eine möglicherweise bislang unterschätzte Quelle für Salmonelleninfektionen unter anderem in Rinderbeständen vermuten, so dass aus epidemiologischer Sicht weitere Untersuchungen angezeigt erscheinen.

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1 Zoonosen = zwischen Tier und Mensch übertragbare Infektionen.
Serovar = Varianten innerhalb von Viren- oder Bakterienunterarten, welche sich durch serotologische Tests unterscheiden lassen.
3 Karnivoren = Tiere, Pflanzen oder Pilze, die sich von tierischem Gewebe ernähren (Fleischfresser).