Volkskrankheit Parodontitis: Behandlung ist nicht mehr gesichert

Zähne Zahnbürste
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ZAK. Mundgeruch, gerötetes und zurückweichendes Zahnfleisch, Blutungen nach dem Zähneputzen: Hinter diesen vermeintlich harmlosen Symptomen könnte die Volkskrankheit Parodontitis stecken, von der in Deutschland laut Deutscher Mundgesundheitsstudie (DMS V) rund zwei Drittel der 65- bis 74-Jährigen betroffen sind.

Mit einer chronischen Entzündung des Zahnhalteapparates ist nicht zu spaßen, wie Dr. Carsten Hünecke, Präsident der Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt, erläutert. „Die Krankheit entwickelt sich oft schleichend und unbemerkt, doch parodontale Erkrankungen zerstören den Kieferknochen und sind der Hauptgrund
für den Verlust von Zähnen bei Erwachsenen“, erklärt der Magdeburger Zahnarzt.

Folgeerkrankungen sind möglich

Gelangen Bakterien über die Entzündungen im Mund in den Blutkreislauf, könne dies außerdem zu schweren Folgeerkrankungen wie Diabetes mellitus, koronaren Herzerkrankungen, Schlaganfall und rheumatoider Arthritis führen. Gerade in Sachsen-Anhalt mit seiner alternden Bevölkerung werden die schweren Verlaufsformen der Parodontitis diagnostiziert.

Budget-Überschreitungen können Einbruch der Behandlungszahlen verursachen

Nach jahrelangen Verhandlungen wurde erst Mitte 2021 die auf dem wissenschaftlichen Stand basierende Behandlungsstrecke im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung verankert. Die Politik sicherte damals zu, die erwarteten Mehrausgaben zuzulassen. Mit der im GKV-Finanzstärkungsgesetz 2022 durch das Bundesgesundheitsministerium wieder eingeführten Budgetierung ist das vorbei. Bundesweit fiel die Zahl der monatlichen Parodontitis-Neubehandlungen 2023 deshalb um 30 Prozent. Auch in Sachsen-Anhalt droht ab 2024 eine Überschreitung des vorhandenen Budgets und damit ein Einbruch der Behandlungszahlen.

Die Zahnärztinnen und Zahnärzte müssten dann bei der Diagnose einer Parodontitis ihrem ärztlichen Ethos gemäß eine mehrjährige Behandlung beginnen – bekommen diese aber eventuell nicht vollständig bezahlt. Das sorge für viel Frust im Berufsstand, so Dr. Hünecke. Arbeitsausfälle und die Behandlung der Folgeerkrankungen brächten zudem hohe volkswirtschaftliche Folgekosten.

Letztlich würde ein Rückgang der Behandlungszahlen die großen Bemühungen Sachsen-Anhalts im Kampf gegen die Volkskrankheiten Diabetes mellitus und Herz-Kreislauf-Erkrankungen schwächen, kritisierte der Kammerpräsident.

In Selbstverwaltung des zahnärztlichen Berufsstandes übernimmt die Zahnärztekammer auf der Grundlage des Heilkammergesetzes des Landes Sachsen-Anhalt Aufgaben an Staates statt. Sie untersteht als „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ (KdöR) der Rechtsaufsicht des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung Sachsen-Anhalt. Die Aufgaben der Zahnärztekammer umfassen die Organisation aller beruflichen Fragen von „A“ wie Ausbildung des Fachpersonals der Kammermitglieder bis „Z“ wie Zahnärztliches Qualitätsmanagement.