DDR-Naturschutzgebiete neu geregelt und ausgewiesen

Heide Halle Bischofswiese
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Halle. LVwA. Insgesamt 89 Naturschutzgebiete, die bereits vor 1990 bestanden, wurden rechtlich angepasst, neu geregelt und werden nun ausgewiesen. Die Rechtsverordnungen der Naturschutzgebiete, die auf dem Gebiet des heutigen Bundeslandes Sachsen-Anhalt vor dem 1. Juli 1990 (Inkrafttreten des BNatSchG in den neuen Bundesländern) ausgewiesen wurden, genügen nicht mehr den Ansprüchen an eine zeitgemäße Verwaltung und sollen in aktuelles Recht überführt werden.

„Zudem haben in den vergangenen Jahrzehnten natürliche Prozesse die Landschaften verändert. Dies macht eine Überarbeitung der Verordnung und eine neue Festsetzung der 89 Naturschutzgebieten notwendig.“, begründet der Präsident des zuständigen Landesverwaltungsamtes, Thomas Pleye, die Maßnahme. 

Bischofswiese in der Dölauer Heide

Das seit 1961 bestehende Naturschutzgebiet, welches sich in der naturräumlichen Haupteinheit „Östliches Harzvorland und Börden“ befindet, liegt im Zentrum der Dölauer Heide, einem Restwald in einer ansonsten waldarmen Landschaft.

Das nicht ganz 60 Hektar große Gebiet umfasst ein Hochplateau, das durch Erosionsvorgänge herausgebildet wurde. Den Untergrund bilden verbreitet tertiäre Sande, seltener auch Tone, die an den steilen Flanken und in Kerbtälern (wie in der Wolfsschlucht) zu Tage treten. Im Plateaubereich werden die tertiären Bildungen von Geschiebemergel der Saale-Kaltzeit bedeckt, der von einer dünnen Decke aus pleistozänen Sanden überzogen ist. Die natürlichen Böden wurden durch die jungsteinzeitliche Besiedlung des Gebietes anthropogen beeinflusst. Charakteristisch sind Podsole und Podsol-Braunerden, seltener Braunstaugleye und Ranker. Die Bischofswiese glich im Mittelalter aufgrund der damals üblichen Nutzung als Waldweide (Hutewald) einer mit Solitärbäumen bestandenen Wiese, was den einen Teil des Namens erklärt. Daneben ist der Bischof im Namen auf die langjährigen Besitzverhältnisse durch die Magdeburger Erzbischöfe sowie deren Aktivitäten einer planmäßigen Heidepflege und Pflanzung von Eichen zurückzuführen.

Das Naturschutzgebiet ist mit einem naturnahen winterlindenreichen Eichen- Hainbuchenwald mit wärmeliebenden Florenelementen bewachsen. Mit einer hohen Anzahl an vorkommenden Pilzarten gehört das Naturschutzgebiet zu den für diese Artengruppe vielfältigsten Schutzgebieten in der Umgebung von Halle (Saale). Der hohe Anteil an Alt- und Totholz dient als Habitat für zahlreiche alt- und totholzbewohnende Arten wie Fledermäuse, höhlenbrütende Vögel oder xylobionte Arthropoden.

Der Schutzzweck besteht insbesondere in der Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung eines zum Teil über 200-jährigen Eichenmischwaldes sowie der weidegeprägten, lichten, xerothermen Plateaulagen als Refugium für zahlreiche seltene und gefährdete Tier- und Pflanzenarten. Der naturnahe Eichen-Hainbuchen-Winterlindenwald mit einer auf vielen Flächen stark ausgeprägten Strauchschicht und mit Pflanzen der thermophilen Säume in einem Restwald der waldarmen Agrarlandschaft, beherbergt zahlreiche seltene oder gefährdete Pflanzenarten wie u.a. Berg-Haarstrang (Peucedanum oreoselium), Diptam (Dictamnus albus), Heide-Labkraut (Galium pumilum) oder Schwalbenwurz (Vincetoxicum hirundinaria).Alteichen bilden die Grundlage zum Schutz und zur Entwicklung vitaler Populationen von xylobionten Arten, wie der Rosenkäferart Eremit (Osmoderma eremita) sowie verschiedener Bockkäfer und Prachtkäferarten. Die Vogelfauna setzt sich aus wertgebenden Brutvogelarten, wie Gartenbaumläufer (Certhia brachydactyla), Habicht (Accipiter gentilis), Hohltaube (Columba oenas), Waldohreule (Asio otus) und Wendehals (Jynx torquilla), zusammen. Die artenreiche Fledermausfauna beinhaltet Arten wie Mückenfledermaus (Pipistrellus pygmaeus), Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii) und Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus). Die Weichtierfauna weist mit Arten, wie Gestreifter Windelschnecke (Vertigo substriata), Rauer Windelschnecke (Columella aspera) und Wulstiger Zylinderwindelschnecke (Truncatellina costulata) ebenfalls einige Besonderheiten auf. Neben seiner natur- und kulturhistorischen Bedeutung dient das Schutzgebiet auch der Sicherung von archäologischen Fundstellen.

Vor 1990 entstandene Naturschutzgebiete im Saalekreis:
Bergholz
Saalehänge bei Dobis
Sandberg
Müchelholz

Öffentliches Beteiligungsverfahren

Die Überarbeitung der Verordnungen der „Alt-NSG“ setzt ein öffentliches Beteiligungsverfahren voraus, in welchem Eigentümer und Eigentümerinnen, Bürger und Bürgerinnen, Trägern öffentlicher Belange, anerkannten Naturschutzvereinigungen und Interessengruppen die Möglichkeit gegeben wird, sich zu den Entwürfen der überarbeiteten Naturschutzgebietsverordnungen zu äußern.

Die Entwürfe der Verordnungen und Karten werden im Landesverwaltungsamt in Halle (Saale), Dessauer Straße 70 sowie in den betreffenden Städten und Gemeinden vom 21. August bis 22. September 2023 zur Einsichtnahme ausliegen. Bis zum 6. Oktober 2023 können die Stellungnahmen im Rahmen der öffentlichen Auslegung eingereicht werden.

Parallel zu der herkömmlichen Form der Auslegung werden alle Verordnungsdokumente einschließlich der dazugehörigen Karten online bereitgestellt. Somit besteht die Möglichkeit, auch die Stellungnahmen online unter https://www.online-beteiligung.de/LVWA-altnsg-2023/ einzureichen. Eine zusätzliche schriftliche Einreichung ist somit nicht notwendig. Die hier bereitgestellten Dokumente entsprechen inhaltlich vollumfänglich der gedruckten Fassung der Verordnung und stehen Ihnen auch zum Download zur Verfügung. Das Landesverwaltungsamt empfiehlt diesen Service zu nutzen.