„Sozialer Sprengstoff“: Mietern drohen Mehrbelastungen von bis zu 5.000 Euro

Wohnhäuser
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Berlin. GdW. Die steigenden Energiekosten infolge des Ukraine-Kriegs werden bereits im Jahr 2022 für Mieterinnen und Mieter zu massiven Mehrbelastungen führen. Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), der als größter deutscher Branchendachverband bundesweit und auf europäischer Ebene rund 3.000 Wohnungsunternehmen vertritt, hat berechnet, dass im Durchschnitt über alle Energiearten bereits bis Mai 2022 eine Preissteigerung von 37 Prozent erreicht wurde. Schon das bedeutet für einen Ein-Personen-Haushalt eine Mehrbelastung von 508 Euro im Jahr im Vergleich zu 2021.

“Wir hatten letztes Jahr eine durchschnittliche Warmmiete von 7,70 Euro pro Quadratmeter, die sich schon jetzt auf 9,30 Euro erhöht hat. Aber alles noch im Szenario einer mittelgroßen Krise”, warnt Jens Zillmann, der Verbandspräsident der Wohnungswirtschaft in Sachsen-Anhalt (VdW).

Preissteigerung bis zu 200 Prozent

Der GdW hat bei verschiedenen Energieanbietern nachgefragt, die aktuell mit Preissteigerungen über alle Energieträger zwischen 71 und knapp 200 Prozent rechnen. Dies bedeutet für einen Durchschnittshaushalt eine Mehrbelastung von 1.400 bis 3.800 Euro im Jahr, für einen Vier-Personen-Haushalt rechnet der GdW sogar mit Mehrkosten von 1800 Euro bis zu rund 5000 Euro, wobei das schlechteste Szenario nach Einschätzung von GdW-Präsident Gedaschko „eher realistisch“ ist.

Grafik: GdW

Sozialer Frieden in Deutschland in Gefahr

„Wir sehen hier massiven sozialen Sprengstoff“, warnt der GdW-Präsident. „Die Situation ist mehr als dramatisch und der soziale Frieden in Deutschland ist massiv in Gefahr. Weder die Mieter noch die sozial orientierten Wohnungsunternehmen dürfen angesichts der weiteren massiven Preissteigerungen alleine gelassen werden. Der Staat muss in dieser Notsituation seiner sozialen Verantwortung gerecht werden“.

Zum einen müssen nach Einschätzung des GdW Vermieter und Mieter gemeinsam möglichst viel Energie einsparen, damit der Geldbeutel angesichts der Preissteigerungen bestmöglich geschont werden kann. Mit Energiesparen ist es aber bei weitem nicht getan, sollte die dritte Stufe des Notfallplans Gas ausgerufen werden. Denn in diesem Fall werden die massiven Preissteigerungen von den Energieversorgern direkt an die Verbraucher weitergegeben (siehe hierzu auch Meldung vom 08.07.2022). Es drohen Gaspreissteigerungen von bis zu 400 Prozent.

„Das können sich weder die Mieter noch die sozial orientierten Wohnungsunternehmen leisten, die bei den warmen Betriebskosten in Vorleistung gehen müssen und derzeit mit enormen Summen konfrontiert sind, die vielfach ihre finanzielle Leistungsfähigkeit überschreiten“, sagt Gedaschko. Gerade viele kleinere Wohnungsunternehmen in Deutschland sind nicht in der Lage, diese Steigerungen zu verkraften. Gleiches gilt für einkommensschwache Haushalte und Familien. Die Wohnungsunternehmen müssen die massiv gestiegenen Kosten für fossile Energieträger zu hohen Kreditkosten von teils über 4 Prozent vorfinanzieren. Sie geraten dadurch in teils existenzbedrohende Liquiditätsengpässe, Investitionen für Neubau, Modernisierung und Instandhaltung werden unmöglich.

Auch Jens Zillmann vom VdW sieht darin auch eine große Bedrohung für die Vermieterinnen und Vermieter in Sachsen-Anhalt: “Bei rund 320.000 Wohnungen in den Beständen der kommunalen Wohnungsgesellschaften und Wohnungsgenossenschaften saldieren sich die Mehrausgaben für Haushaltsenergie auf bis zu 1,25 Milliarden Euro”.

Verband schlägt zwei Lösungsvarianten vor

Eine Deckelung der warmen Betriebskosten auf 40 Prozent könnte „zur Entlastung insbesondere von Mietern mit geringen Einkommen“ führen. Um die sozial orientierten Wohnungsunternehmen, die bei den Betriebskosten in Vorleistung treten, vor Insolvenzen zu schützen, soll ein Hilfsfonds über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) eingerichtet werden. Außerdem soll angesichts der drohenden Insolvenz von Wohnungsunternehmen das Insolvenzrecht analog zu den rechtlichen Bestimmungen angepasst werden, die im Rahmen der Pandemie bereits geholfen haben.

Auch einen staatlich finanzierten Treuhandfonds bringt Gedaschko ins Spiel. Aus diesem soll ein Anteil der steigenden Energiekosten von den Betriebskostenabrechnungen abgezogen werden.