Magdeburg. MI/LSA. Neue Konzepte für die Versorgung von Patientinnen und Patienten durch den Rettungsdienst können künftig in Sachsen-Anhalt einfacher erprobt werden. Rechtlich möglich wird das durch die neue Experimentierklausel im Rettungsdienstgesetz des Landes Sachsen-Anhalt, das der Landtag von Sachsen-Anhalt am Dienstag verabschiedet hat. Die Klausel erlaubt zeitlich befristete Ausnahmeregelungen, um neue Konzepte rechtssicher zu erproben, Erfahrungen in der Praxis zu sammeln und anschließend zu evaluieren. Die Ergebnisse dieses Testbetriebs können spätere Grundlage für eine entsprechende Gesetzesänderung werden.
Sachsen-Anhalts Innenministerin Dr. Tamara Zieschang betont die Vorteile: „Vor allem die Telemedizin birgt mit ihren innovativen Entwicklungen große Potenziale, um den Rettungsdienst weiterzuentwickeln und zu verbessern. Durch die Experimentierklausel erhoffen wir uns einen Schub für die Erprobung neuartiger Konzepte vor allem in diesem Bereich.“
Beispiele in der Praxis
Ein Beispiel für telemedizinische Konzepte für einen entsprechenden Testbetrieb sind IT-Systeme, mit denen die Vitaldaten von Verletzten an das Krankenhaus übermittelt werden können, das für die weitere Versorgung angesteuert wird. Das Team in der Klinik kann so die anstehende Behandlung besser vorbereiten und die medizinische Versorgung im Krankenhaus damit beschleunigt werden.
Somit könnte bei der Einlieferung des Patienten oder der Patientin in eine Klinik auch das bisher nötige Arzt-zu-Arzt-Gespräch entfallen, um die im Rettungswagen aufgezeichneten Vitaldaten zu übergeben und zu besprechen. Solche Vitaldaten können unter anderem Elektrokardiogramme (kurz EKG) sein, mit denen die Herzaktivität gemessen wird.
Derzeit laufen bereits die Vorbereitungen, um ein solches IT-System für Vitaldaten flächendeckend einzuführen.
Geplant ist, dass jeder Rettungswagen und jeder Rettungshubschrauber im Land mit entsprechenden mobilen Endgeräten (Tablets) an dieses IT-System angeschlossen werden kann. Das System soll zentral beschafft und mit Mitteln des Corona-Sondervermögens finanziert werden, soweit es hilft, Kontakte zu vermeiden.
Eine entsprechende Ausstattung aller Rettungsmittel erlaubt zudem eine durchgängige digitale Kommunikation zwischen den Leitstellen, bei denen der Notruf eingeht, den Teams im Rettungseinsatz und den Krankenhäusern. Derzeit sind nur die Leitstellen und die Krankenhäuser über ein landesweites System (Ivena) miteinander vernetzt, mit dem sie unter anderem Informationen über nächstgelegene und geeignete Krankenhäuser zur Versorgung eines Notfalls abrufen und austauschen können.
Ein weiteres denkbares Konzept, das aufgrund der Experimentierklausel nunmehr erprobt werden könnte, ist ein smartphonebasiertes Ersthelfersystem. Die Idee: Engagierte Mitbürgerinnen und Mitbürger mit einem medizinischen Hintergrund könnten in ihrer dienstfreien Zeit als Ersthelfer mit Hilfe einer Handy-App, mit der er oder sie den aktuellen Standort teilt, über Notfälle in ihrer Nähe informiert werden. Derart alarmiert könnten sie als Ersthelfer fungieren bis der Rettungsdienst eintrifft. Das System ist eine sinnvolle Ergänzung zum Rettungsdienst, mit dem die Zeit bis zur Behandlung eines medizinischen Notfalls erheblich verkürzt werden kann.