AWO und DGB zur Bewältigung der Energiepreis-Spirale

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Notlagen abwenden, Menschen entlasten: 

Sachsen-Anhalt. AWO. Die AWO in Sachsen-Anhalt sowie der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in Sachsen-Anhalt und seine Mitgliedsgewerkschaften haben anlässlich der Energiepreis-Spirale gemeinsame Positionen entwickelt, die eine Entlastung für die betroffenen Haushalte sicherstellen und einen wichtigen Beitrag zum sozialen Ausgleich liefern können.

Susanne Wiedemeyer, Landesleiterin des DGB in Sachsen-Anhalt: „Die hohen Energie- und Lebenshaltungskosten belasten tausende Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen. Mehrkosten von mehreren hundert Euro im Monat werden viele Menschen in Sachsen-Anhalt allein nicht stemmen können. Wir dürfen in dieser schwierigen Zeit niemanden zurücklassen. Bund, Land und Gemeinden müssen in einer gemeinsamen Kraftanstrengung finanzielle und existenzgefährdende Notlagen abwenden. Ein Mittel ist die Errichtung eines landeseigenen Härtefall- bzw. Notfallfonds, der den Menschen vor Ort schnell und unbürokratisch unter die Arme greift.“

Barbara Höckmann, Vorsitzende des Präsidiums der AWO Sachsen-Anhalt: „In unseren Beratungsstellen, Einrichtungen und Diensten erleben wir immer mehr Menschen, die ihr tägliches Leben nicht mehr bezahlen können und von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen sind. Hier ist unsere uneingeschränkte Solidarität gefragt. Wir fordern die Landesregierung auf, umgehend zu handeln und gezielt dort für Sicherheit zu sorgen, wo die aktuellen Krisen Verunsicherung und Existenzängste verursachen bzw. bereits bestehende Armut weiter verfestigt wird. Nötig ist es, staatliche Ressourcen bedarfsgerecht auf diejenigen zu konzentrieren, die Unterstützung dringend benötigen.“ Frau Höckmann bezieht sich in diesem Zusammenhang auf eine Aussage des Armutsforschers Christoph Butterwegge:

„Wer wenig hat, muss besonders viel, und wer viel hat, muss entsprechend wenig Unterstützung seitens des Sozialstaates bekommen.“

Die Vorschläge im Einzelnen

Energiepreisdeckel
Der Grundbedarf privater Haushalte muss bezahlbar sein und bleiben. Deshalb sollte der Preis für einen zu bestimmenden Grundverbrauch von Gas vorübergehend gedeckelt werden. Ähnliche Regeln sollten für Öl und Strom gelten. Der Grundverbrauch sollte nach Haushaltsgröße und ggf. auch nach baulichen Standards differenziert werden. Da lediglich der Grundverbrauch abgesichert wird, bleibt der Anreiz zum Energiesparen erhalten. Mit einer Preisdeckelung könnten Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen spürbar entlastet werden. Die Landesregierung sollte sich auf Bundesebene für die zügige Umsetzung eines Energiepreisdeckels einsetzen.

Notfallfonds
Das Land sollte einen Notfallfonds für Menschen einrichten, die ihre Miete, Strom- oder Gasrechnungen nicht bezahlen können oder vor horrenden Nachzahlungen stehen. Dieser Fonds muss mit ausreichenden Finanzmitteln des Landes ausgestattet werden. Auszahlungsverfahren müssen für die Antragsstellenden möglichst niedrigschwellig und transparent ausgestaltet werden, damit die relevanten Zielgruppen mit dem Instrument auch erreicht werden können.

Moratorium für Wohnungskündigungen und Energiesperren
Es muss sichergestellt werden, dass Vermietende keine Kündigungen aussprechen, wenn Mietende durch die steigenden Lebenshaltungskosten in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Ein Moratorium für Räumungsklagen und Zwangsräumungen ist ebenso zwingend geboten wie für Energiesperren. Diese Instrumente sind von großer Bedeutung, um Sicherheit zu schaffen und keine zusätzlichen sozialen Krisen vor dem Hintergrund der Preissteigerungen auszulösen.

Fortsetzung des Kurzarbeitergeldes
Die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine drohen die, die bereits während der Pandemie begonnenen wirtschaftlichen Störungen zu verschärfen (Lieferketten, Energieversorgung). Die Corona-Sonderregelungen zur Kurzarbeit sollten daher über den 30. September 2022 hinaus fortgesetzt werden, um wirtschaftliche Krisenfolgen für betroffene Unternehmen und Beschäftigte abzumildern.

Schnelle Erhöhung der Grundsicherung
Die zur Sicherung des Lebensunterhaltes notwendigen Waren von Menschen in der Grundsicherung (Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe, Grundsicherung im Alter) sind während der Pandemie und verschärft durch den Krieg in der Ukraine enorm gestiegen und führen bei den Betroffenen zu einer existenzgefährdenden Unterdeckung. Turnusgemäße Anpassungen der Grundsicherung finden erst wieder 2023 statt, die hohe Inflation trifft die Haushalte aber jetzt. Eine schnelle Erhöhung der Leistungen würde diese Menschen im zweiten Halbjahr 2022 zumindest kurzfristig entlasten. Stromkosten müssen aus dem Regelbedarf herausgenommen und den Miet- und Heizkosten zugeordnet werden. Darüber hinaus ist es dringend notwendig, mit einer sachgerechten Ermittlung der Regelbedarfe langfristig eine bedarfsgerechte, dynamische und armutssichere Grundsicherung zu etablieren. Die Landesregierung sollte sich beim Bund dringend dafür stark machen.