Hinweise auf Infektionen mit Schmallenberg-Virus bei Wiederkäuern in Sachsen-Anhalt

Schaf
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Halle. LAV. Im Jahr 2021 sind im Landesamt für Verbraucherschutz (LAV) acht Fälle von Infektionen mit dem Schmallenbergvirus bei Rindern und zwei Fälle bei kleinen Wiederkäuern nachgewiesen worden.

Das SchmallenbergVirus ist ein Erreger, der nur Tiere, insbesondere Wiederkäuer wie Schafe und Rinder, infiziert. Das nach dem Ort seiner Erstentdeckung im Jahr 2011 benannte SchmallenbergVirus gehört zur Gruppe der Orthobunyaviren. Es ist für Menschen ungefährlich; auch Fleisch und Milchprodukte können ohne Bedenken konsumiert werden.

Für diesen Erreger gibt es in SachsenAnhalt kein amtliches Monitoring, ferner ist das Virus nur sehr kurze Zeit im Blut nachweisbar. Die nachgewiesenen Fälle können daher als Spitze eines Eisberges angesehen werden. Einen weiteren Hinweis auf ein verstärktes Virusvorkommen im Jahr 2021 geben auch Antikörperuntersuchungen an Proben von erlegten Wildwiederkäuern. In einer aktuellen Studie des FriedrichLoefflerInstituts (FLI) wiesen 13,6% von 493 untersuchten Proben Antikörper gegen das Schmallenbergvirus auf. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Erreger im Sommer und Herbst 2021 in den Vektoren und Tierbeständen kursierte.

Infizierte Tiere zeigen in der Regel keine oder milde klinische Allgemeinsymptome wie Milchrückgang, Durchfall und Fieber. Schafe und Ziegen erkranken oft ohne erkennbare Symptome.

Das SchmallenbergVirus wird seit dem Erstnachweis 2011 jedes Jahr in Deutschland nachgewiesen, aber etwa alle zwei Jahre kommt es verstärkt zu Infektionen. Die letzte Infektionswelle in Deutschland wurde 2019 beobachtet.

Gefahr für Neugeborene

Bedeutung hat das Virus für trächtige Tiere, die vorher noch keinen Kontakt zum Erreger und keine schützenden Antikörper hatten. Findet die Infektion in bestimmten Trächtigkeitsstadien statt, so kann es zu Aborten und Missbildungen der Feten kommen. Dabei sind Schafe besonders empfindlich, in einzelnen Herden können bis zu 50% der neugeborenen Lämmer betroffen sein. Bei Rindern kommt es nur selten (<2%) zu Schäden.

Tierärzte und Tierhalter müssen sich daher bewusst sein, dass im Winter 2021 / Frühjahr 2022 mit vermehrten Aborten, Missbildungen und lebensschwachen Neugeborenen bei Rindern und Schafen zu rechnen ist. Ein Nachweis aus einem klinisch auffälligen Lamm aus dem Saalekreis gelang bereits im Dezember 2021. Typische Missbildungen sind steife Gliedmaßengelenke in abnormaler Beugehaltung, Seitwärts und Rückwärtsbiegung des Halses, Verkürzung des Unterkiefers, Missbildungen der Wirbelsäule und Gehirnschäden mit möglichen klinischen Symptomen, wie Lähmungen, unkoordinierter Gang, Blindheit, Taubheit, stumpfes Verhalten oder Überreaktionen, Sterngucker oder KopfschiefHaltung. Hinweise auf eine erfolgte Infektion gibt eine Antikörperuntersuchung, welche ebenfalls im LAV erfolgen kann. Antikörper als Schutz vor einer symptomatischen Infektion sind noch lange nach Infektion nachweisbar.

Übertragung durch stechende Insekten

Die Übertragung des Virus auf die Wiederkäuer erfolgt durch sogenannte Vektoren (stechende Insekten, vorwiegend Gnitzen). Durch diesen Verbreitungsweg ist eine jahreszeitbedingte Häufung typisch. Allerdings können Gnitzen auch im Winter aktiv sein, sofern die Temperatur über 6°C liegt. In Jahren, in denen das Virus im Sommer verstärkt nachgewiesen worden war, konnten im Herbst /Winter gehäuft missgebildete oder totgeborene Kälber und Lämmer beobachtet werden. Eine frühere Infektion, z.B. als Kalb oder nichttragende Färse, schützt bei Kontakt zum Virus in späteren Trächtigkeiten vor Infektion des Fetus. Der wellenartige, etwa 2jährige Rhythmus, in dem Infektionen mit dem SchmallenbergVirus vermehrt auftreten, lässt sich damit erklären, dass sich nicht immer alle Tiere während einer VirusPhase anstecken.
Dadurch werden viele Tiere nicht immun und bleiben empfänglich für die Infektion. Außerdem ist nicht damit zu rechnen, dass nach einer Infektion eine lebenslange Immunität besteht.

Infektionen mit dem SchmallenbergVirus sind meldepflichtig. Der Schutz empfänglicher Tiere vor Gnitzen/Mücken kann das Infektionsrisiko insbesondere während der Vektoraktiven Zeit mindern. Darüber hinaus könnte der Besamungszeitpunkt weiblicher Tiere so gelegt werden, dass das empfindliche Stadium der Trächtigkeit außerhalb der Vektoraktiven Zeit liegt.

Es existieren zugelassene Impfstoffe für Rinder und kleine Wiederkäuer. Die Ständige Impfkommission Veterinärmedizin am FLI empfiehlt die Impfung „wenn der Erreger in der Region endemisch oder im Bestand enzootisch ist“.