Geheilt, aber nicht gesund: Nervenschäden als Folge von Krebstherapien

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Halle. SAKG. Sie äußern sich auf unterschiedliche Art und Weise – als „Ameisenkribbeln“ in den Fingerspitzen und Zehen, als Überempfindlichkeiten bei leichten Berührungen an Händen und Füßen oder sogar in Form von Gleichgewichtsstörungen, wenn die Fußsohlen betroffen sind: Polyneuropathien. Das sind Nervenschädigungen, die als Nebenwirkung oder Spätfolge von Krebstherapien auftreten können.

Manchmal verschwinden die Symptome nach einer gewissen Zeit, aber regelmäßig werden sie zur Langzeitfolge, die die Lebensqualität der Betroffenen beeinträchtigt. „Viele Betroffene haben dann das Gefühl, dass sie zwar vom Krebs geheilt, aber nicht gesund sind.“ sagt Dr. med. Beatrix Bohnsteen, Vorstandsmitglied der Sachsen-Anhaltischen Krebsgesellschaft und niedergelassene Ärztin für Hämatologie und Internistische Onkologie in Dessau-Roßlau, und fährt fort: „Laut Studien haben circa 80 Prozent der Betroffenen auch fünf Jahre nach ihrer Krebserkrankung noch beeinträchtigende Probleme, mit ganz unterschiedlichem Ausmaß. Und nach zehn Jahren sind es immer noch 70 Prozent. Zu den häufigsten medizinischen Spätfolgen gehören Polyneuropathien – also Schmerzen im Nervenbereich, Taubheit und Muskelschwäche. “ 

Wie entstehen die Nervenschäden?

Polyneuropathien können auf unterschiedliche Weise entstehen. Verschiedene Chemotherapeutika und Strahlentherapien, die zur Behandlung von Krebs eingesetzt werden, können die Nerven schädigen und die Symptome auslösen. Meistens sind die peripheren Nerven, die außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks liegen, betroffen – am häufigsten in den Händen und Fingern, Füßen und Zehen. Aber auch ein Tumor selbst kann die Schädigungen auslösen.

Wenn die Finger kribbeln: Wie äußern sich Polyneuropathien?

Zu den häufigsten Symptomen gehören Kribbeln, Taubheitsgefühl, Schmerzen und Schwäche in Händen und Füßen. Sie können sich auch auf andere Teile des Körpers ausbreiten und zu Problemen beim Gehen, Stehen oder Greifen führen. Es ist wichtig, dass Krebspatient*innen ihren behandelnden Arzt bzw. Ärztin informieren, wenn eines dieser Symptome auftritt. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung kann dazu beitragen, weitere Schäden zu vermeiden und die Nebenwirkungen abzumildern. „Während einer Chemotherapie kann versucht werden, durch Kühlung oder Kompression der Hände und Füße das Risiko von Nervenschäden zu verringern.“ Erklärt Dr. Bohnsteen und appelliert an alle Betroffenen: „Treten unter einer Chemotherapie starke Symptome einer Polyneuropathie auf, sollte – wenn onkologisch möglich – die Substanz ausgetauscht werden.“

Auch eine physiotherapeutische Behandlung wie Krankengymnastik oder Ergotherapie kann dazu beitragen, Symptome zu lindern und die Beweglichkeit zu steigern. In manchen Fällen kann auch eine Schmerzbehandlung erforderlich sein.

Bei Fragen zu Neuropathien können sich Betroffene an die Krebsgesellschaft Sachsen-Anhalt wenden.