Magdeburg. AK/SA. Da die finanzielle Lage für die Apotheken mittlerweile so brisant geworden ist, suchte die Apothekerkammer gemeinsam mit dem Apothekerverband Sachsen-Anhalt das Gespräch auf höchster Ebene. In einem Brandbrief ersuchten sie um ein Gespräch mit Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff.
„Ich kann einen Mangel nicht durch einen Mangel ersetzen und ihn dann als innovative Lösung verkaufen. Wenn pharmazeutisch technische Angestellte (PTA) eine Apotheke light führen sollen, so ist das Illusion. Denn nicht nur der Apothekerberuf wird als Mangelberuf eingestuft, sondern auch der des PTA. Ich weiß nicht, warum Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach vehement versucht, einen gesamten Berufsstand zu zerstören. Zu Kosteneinsparungen wird es definitiv nicht führen. Im Gegenteil: Es wird eindeutig teurer für das Gesamtsystem, wenn es keine Apotheken vor Ort mehr gibt“, erklärt Dr. Jens-Andreas Münch, Präsident der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt.
Dieser griff die Sorgen der Apotheker auf und ließ sich am 5. September 2024 in Halberstadt zuerst die umfangreiche Arbeit eines Apothekenteams zeigen. Denn Arzneimittelversorgung ist komplex, zeitaufwändig und benötigt heute zuweilen auch sehr viel Improvisationstalent, um in einem Arzneimittelmarkt mit vielen Engpässen die notwendigen Medikamente für die Patienten zu organisieren. Für diese Arbeit benötigen die Apotheken eine ausreichende Honorierung. Die gestiegenen Kosten bildet das Honorar auf dem Stand von vor 20 Jahren heute in keiner Weise mehr ab, so dass immer mehr Apotheken schließen. „Dabei braucht es dringend eine Perspektive, besonders für unsere jungen Apotheker, damit diese eine Apotheke übernehmen oder neu gründen“, fordert Kammerpräsident Dr. Münch.
Wege und Möglichkeiten
Im Gespräch mit Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff (CDU) wurde erörtert, welche Wege und Möglichkeiten das Land hat, um die in Gefahr geratene Struktur der wohnortnahen Arzneimittelversorgung zu sichern. Ministerpräsident Haseloff: „Wir bewegen uns im Gesundheitswesen im sensiblen Bereich der politischen Stimmungslage. Die Menschen erwarten zu Recht eine gute Gesundheitsversorgung und -betreuung. Apotheken sind ein solider Grundbaustein, der flächendeckend erhalten bleiben muss. Das sichert die Stabilität der Demokratie der politischen Mitte. Ich sehe den Bund in der Pflicht, für eine ausreichende Finanzierung zu sorgen und darüber hinaus die gesetzlichen Krankenkassen von sachfremden Leistungen zu entlasten.“
Neben der vom Bundesgesundheitsminister im Entwurf zur Apotheken-Reform geplanten Apotheke ohne Apotheker kam auch das Gesetzgebungsverfahren zum Notfall-Gesetz auf den Tisch. Dieses schafft unnötig teure Doppelstrukturen und gefährdet das derzeit bestehende sehr gut funktionierende flächendeckende Notdienstsystem der Apotheken. „50 Prozent der Patienten kommen im Notdienst zuerst in die Apotheke. In vielen Fällen können wir direkt helfen. Wenn diese Patienten wegen der dort vorgesehenen zusätzlichen Apotheke zuerst das integrierte Notfallzentrum aufsuchen, dann werden viele auch den Arzt bemühen, um sich ihr Arzneimittel verschreiben zu lassen. Das führt unweigerlich zu höheren Kosten und Belastungen für die Ärzte“, so Dr. Münch.
Ursula Gütle vom Landesapothekerverband führte an, dass eine Rückführung des Skonto für Apotheken erforderlich ist. Das Skonto-Urteil des Bundesgerichtshofs vom Februar reduziert zusätzlich die Einnahmen. Die vom Großhandel bisher gewährten Rabatte für schnelle Zahlungsziele dürfen nicht mehr gewährt werden. Das rechtlich klar zu stellen, wäre jedoch kostenneutral für die Politik. „Heute muss eine Apotheke vor der Abgabe hochpreisiger Arzneimittel rechnen, ob sie sich betriebswirtschaftlich leisten kann, ihre Patienten zu versorgen. Denn die Vorfinanzierung eines teilweise sehr teuren Medikamentes kann zu Negativeinnahmen der Apotheke führen. Ein unhaltbarer Zustand“, fordert Gütle deshalb schnelle Lösungen. „Die Qualität der Patientenversorgung wird massiv gemindert. Die Leidtragenden sind die Patienten. Sie müssen dann eine Apotheke suchen, die es sich noch leisten kann, teure Medikamente abzugeben. Das kann und darf nicht Ziel der Politik sein.“ Außerdem betonte sie, dass eine Absenkung der Mehrwertsteuer für Arzneimittel von derzeit 19 auf 7 Prozent helfen könnte, die Gesundheitskosten zu entlasten.
Präsident Dr. Münch fasste im Anschluss zusammen: „Die Missachtung unseres Berufsstandes durch die Bundespolitik muss endlich aufhören. Unser Credo: Man kann mit uns sparen und nicht an uns. Wir können helfen, Krankenhauseinweisungen durch Therapietreue, Medikamentenmanagement und niedrigschwellige Beratung zu minimieren. Das hilft definitiv, Kosten im Gesundheitswesen einzusparen. Ich verstehe nicht, warum das die Bundespolitik nicht erkennt und unsere Kompetenz nutzt.“