
Halle/LZA. Offiziell waren die Geschlossenen Venerologischen Stationen Krankenabteilungen zur Behandlung von Geschlechtskrankheiten, die es in der gesamten DDR gab. Ihre genaue Anzahl ist bis heute unbekannt. Eigentlich sollten dort Männer und Frauen mit sexuell übertragbaren Krankheiten zwangsweise behandelt werden, wenn sie sich einer Therapie verweigerten. Tatsächlich zeigen Einweisungsgründe und Statistiken jedoch, dass die Stationen in erster Linie der Disziplinierung junger Frauen dienten, die nicht den gesellschaftlichen Normen entsprachen.
Auch in Halle existierte eine solche Station: Zwischen 1961 und 1982 wurden in der Poliklinik Mitte Mädchen und Frauen – zum Teil ab dem zwölften Lebensjahr – unter Zwang untergebracht. Sie waren dort gewaltsamen gynäkologischen Untersuchungen, Bestrafungsmethoden und Demütigungen ausgesetzt.
Vom 02. April bis 9. Mai 2025 ist im Ratshof Halle die Wanderausstellung „Einweisungsgrund: Herumtreiberei“ zu sehen. Das Projekt der Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau und des Vereins Riebeckstraße 63 e.V. thematisiert die staatliche Repression gegen Mädchen und Frauen in der DDR, insbesondere ihre Zwangseinweisungen in Geschlossene Venerologische Stationen.
Johannes Beleites, Beauftragter des Landes Sachsen-Anhalt zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, eröffnet die Ausstellung am Mittwoch, den 02. April 2025 um 16.30 Uhr im Ratshof Halle. Im Anschluss moderiert er den Vortrag von Prof. Dr. Florian Steger (Direktor des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, Universität Ulm) um 18:00 Uhr im Stadtmuseum Halle.
„Diese Stationen stehen exemplarisch für eine besonders gewaltsame Form von SED-Unrecht. Es ist unsere Verantwortung, die Perspektiven der Betroffenen öffentlich zu machen und ihnen Anerkennung zu verschaffen“, so Johannes Beleites.
Die Präsentation in Halle erfolgt in Zusammenarbeit mit der Stadt Halle (Saale) und dem Dornrosa e.V. und wird durch den Landesbeauftragten gefördert. Das Projekt wird von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur unterstützt.