Landesamt für Verbraucherschutz untersucht Säuglings- und Kleinkinderlebensmittel

Kindermilch vs. Kuhmilch 

Halle. LAV. In den Warenregalen der Säuglings und Kleinkinderlebensmittel findet sich eine Vielzahl von Produkten, die auf die jeweiligen Entwicklungsabschnitte eines Kindes hinsichtlich notwendiger Makro und Mikronährstoffe abgestimmt sind. Dabei startet ein Säugling, sofern seine Mutter ihn nicht stillt, mit Anfangsnahrung, der sich, neben einer Ergänzung durch Beikost ab dem 6. Lebensmonat, häufig die Gabe von Folgenahrung anschließt. Daher liegt ein besonderes Augenmerk zweifelsohne auf Milchnahrung.

Kuhmilch ist dabei wenig geeignet, als Muttermilchersatz verwendet zu werden, da diese im Vergleich zu Muttermilch einen höheren Eiweißgehalt aufweist. Eine zu große Zufuhr von Eiweiß kann jedoch schädlich für Säuglinge sein, da ein Eiweißüberschuss die Nieren belasten kann. Demgegenüber ist der Gehalt an Eiweiß in Säuglingsanfangs und Folgenahrung gesetzlich geregelt und wird von
der Lebensmittelüberwachung kontrolliert.

Dennoch kann ein MilchGetreideBrei durchaus mit Kuhmilch zubereitet werden. Zweihundert Milliliter Vollmilch schöpfen die Tagesration an Eiweiß aus Kuhmilch dabei allerdings bereits aus. Der Übergang der Säuglinge zum Kleinkind ist in vielerlei Hinsicht eine Herausforderung, nicht nur ernährungsseitig.

Ab dem 1. Lebensjahr ist jedoch die Entwicklung der Organe und das ganze Verdauungssystem soweit
abgeschlossen, dass Kleinkinder am Familienessen problemlos teilhaben können.
Die Industrie hält für die wichtige Komponente Milch zur täglichen Ernährung, ab dem 1. Lebensjahr, weitere Produkte, sogenannte Kindermilch“, bereit. Diese sollten dabei unbedingt speziell auf die Anforderungen der Zielgruppe abstimmt sein. Im Gegensatz zur Anfangs und Folgenahrung gibt es für diese Produkte jedoch keine gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der Zusammensetzung.

Die Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder und Jugendmedizin (DGKJ) hat 2017 in ihrem Konsensuspapier1 Orientierungswerte für die Zusammensetzung von Kindermilchgetränken auf Basis von Kuhmilcheiweiß veröffentlicht. Für den Makronährstoff Eiweiß gibt diese Empfehlung ein Minimum von 1,6 g/100 kcal und ein Maximum von 2,7 g/100 kcal an. Diese Spanne ist etwas weiter gefasst, als die gesetzlichen Regelungen für den Eiweißgehalt von Anfangs- und Folgenahrung.

Bei Untersuchungen des Landesamtes für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt der 2021 eingegangen Proben „Kindermilch“ musste jedoch festgestellt werden, dass gerade der entscheidende Makronährstoff Eiweiß bei manchen Anbietern nicht den empfohlenen Vorgaben entsprach. So wurden Gehalte bis zu 4,0 g/100 kcal Eiweiß nachgewiesen, wenngleich die Produkte mit altersgerecht abgestimmter Zusammensetzung warben. Besonders kritisch zu betrachten ist dieser Umstand, da eine erhöhte Proteinzufuhr im Kleinkindalter das Risiko für Adipositas im Schulkindalter erhöht1.

Festzustellen war weiterhin, dass die Aufmachungen der Verpackungen sowohl im Text als auch grafisch Zweifel an der ernährungsphysiologischen Eignung von Kuhmilch für die Ernährung von Kindern schüren. Rechtlich dürfen nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben auf den Verpackungen jedoch keine Zweifel über die Sicherheit und/oder die ernährungsphysiologische Eignung anderer Lebensmittel wecken. Eine Verwendung von Kuhmilch bei der gesunden Ernährung von Kleinkindern ist dabei nicht schlechter zu bewerten als Kindermilchgetränke.

Weiterhin wurde die Bezeichnung „Kindermilch“ bei über 90 % der untersuchten Proben beanstandet, da der Begriff „Milch“ europarechtlich geregelt ist und nicht für derartige Produkte verwendet werden darf.

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1 Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder und Jugendmedizin (DGKJ), Konsensuspapier Folgenahrungen für Kleinkinder im Alter von einem bis 3 Jahren (sog. Kindermilchgetränke), Stellungnahme der Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder und Jugendmedizin (Aktualisierung April 2017), DOI 10.1007/s0011201703113.