Bund der Steuerzahler kritisiert Reisefreudigkeit der Abgeordneten in Sachsen-Anhalt

Foto: Flughafen Leipzig/Halle, Uwe Schoßig.

Berlin. BDS. Die Anzeichen für einen „Polit-Tourismus“ durch Ausschüsse im Landtag von Sachsen-Anhalt häufen sich nach Informationen des Bundes der Steuerzahler. Zunächst hatte der Landtag nach der Landtagswahl 2021 die Reiserichtlinie geändert. Die vorher enthaltene Begrenzung, dass „Ziele außerhalb Europas […] grundsätzlich unberücksichtigt bleiben sollen“, wurde dabei gestrichen. Die neuen Reisemöglichkeiten wollte der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten, Medien sowie Kultur im Jahr 2022 sogleich nutzen: Chile stand auf dem Programm. Nach heftiger Kritik musste dieser Trip mit geplanten Kosten von circa 30.000 Euro allerdings abgesagt werden.

Zwischenzeitlich wurde eine Alternative gefunden: Im November 2023 sollte es für rund 30.000 Euro nach Jordanien gehen. Die Resie wurde aus Sicherheitsgründen abgesagt. Als Begründung für diese Reise wurde u. a. die Behandlung von europa-, sicherheits-, migrations-, verteidigungs- und kulturpolitischen Themen angeführt. Im Februar 2023 diskutierte der Landtagsausschuss auch über den Besuch der Welterbestätte Petra. Ein Abgeordneter merkte an: „[…] bei einem offiziellen Besuch in Jordanien gehöre ein Besuch Petras im Grunde zum Pflichtprogramm.“

Offensichtlich ist es auch für einen anderen Ausschuss nicht so einfach, geeignete Ziele in Europa zu finden. So scheint auch der Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus Fernweh zu haben: Für ihn soll es im April 2024 nach Tokio gehen. Hierfür sind nach derzeitiger Kalkulation Kosten in Höhe von circa 43.000 Euro angegeben, allerdings noch ohne Arbeitsessen und Gastgeschenke. Begründet wird diese Reise z. B. mit der Vertiefung wirtschaftlicher Beziehungen, der Städtepartnerschaft zwischen der Stadt Zeitz und der japanischen Stadt Tosu sowie Investitionen im Zusammenhang mit der von Japan bis 2050 angestrebten Klimaneutralität.

Für den Steuerzahlerbund sind nicht nur die Begründungen für die Reisen zweifelhaft. Äußerst kritikwürdig sei zudem der offensichtliche Trend, mehr Reiseziele außerhalb von Europa auszuwählen. Die Landtags­ausschüsse sollten ihre außenpolitischen Ambitionen in dieser Hinsicht jedoch begrenzen, denn diese erwecken den Anschein eines teuren Polit-Tourismus auf Kosten der Steuerzahler. Auch die kalkulierten Kosten dürften eher zu niedrig angesetzt sein. Denn: Allein im Haushaltsplan 2023 wurde der Ansatz für Abgeordneten-Dienstreisen auf 380.000 Euro erhöht – rund 100.000 Euro mehr als 2021!

Was der Bund der Steuerzahler fordert

Keineswegs soll Abgeordneten der Blick über den Tellerrand verweigert werden, so der Steuerzahlerbund. Allerdings sei mehr Bescheidenheit bei der Verwendung von Steuergeld notwendig. “Die nach der Landtagswahl 2021 geänderte Reiserichtlinie, die auch Ziele außerhalb von Europa ohne Ausnahmegenehmigung ermöglicht, sollte wieder rückgängig gemacht werden.”

Mit den eingeplanten Steuermitteln für die teuren Abgeordnetenreisen nach Japan und Jordanien könnte übrigens ein großer Teil der jährlichen Landeszuschüsse für internationale Schulaustauschprojekte im Rahmen von Schulpartnerschaften finanziert werden.