Innenministerin stellt neuen Verfassungsschutzbericht vor

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Magdeburg. MI/LSA. Die Corona-Pandemie war auch für Extremistinnen und Extremisten im vergangenen Jahr ein Ansatzpunkt, um ihre Ideologie zu verbreiten. Insbesondere Rechtsextremisten und sogenannte Reichsbürger versuchten, den legitimen Protest gegen die Corona-Eindämmungsmaßnahmen für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Das ist ihnen jedoch nur in Einzelfällen gelungen. Das Protestgeschehen gegen die Corona-Eindämmungsmaßnahmen war und ist heterogen und regional differenziert zu betrachten.

Teile der Protestbewegung radikalisieren sich zunehmend, sind aber weder der rechtsextremistischen noch der „Reichsbürger“-Szene zuzurechnen. Für diese Gruppe, die versucht, den Staat und seine Repräsentanten zu delegitimieren und verächtlich zu machen, hat der Verfassungsschutzverbund im März 2021 den Phänomenbereich „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ eingerichtet.

Diese und weitere Entwicklungen sind im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2021 nachzulesen, der am heutigen Dienstag von Innenministerin Dr. Tamara Zieschang und dem Leiter der Verfassungsschutzabteilung, Jochen Hollmann, vorgestellt wurde.

Der Verfassungsschutz rechnet sowohl der rechtsextremistischen, der linksextremistischen als auch der „Reichsbürger“-Szene etwas mehr Anhänger als im Vorjahr zu. Besonders deutlich ist der Zuwachs bei der „Reichsbürger“- und Selbstverwalterszene. Am Ende des Berichtsjahres gehörten der Szene 600 Menschen an und damit 100 mehr als im Vorjahr. Im Zuge des pandemiebedingten Protestgeschehens ist die „Reichsbürger“-Szene vermehrt durch einzelne Versammlungen in Erscheinung getreten. Diese Entwicklung ist kein Spezifikum Sachsen-Anhalts, sondern bundesweit zu beobachten.

Insgesamt gibt es nach Einschätzung des Verfassungsschutzes 3.100 Extremistinnen und Extremisten in Sachsen-Anhalt. Das mit Abstand größte Personenpotenzial stellt mit etwa 1.250 Anhängern (2020: 1.230) nach wie vor die rechtsextremistische Szene. Der linksextremistischen Szene werden 600 Angehörige zugerechnet (2020: 590), der islamistischen Szene unverändert 400 Anhänger und beim Ausländerextremismus unverändert 250.

Schon vor Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zeichnete sich ab, dass auch das Land Sachsen-Anhalt in zunehmendem Maße mit hybriden Bedrohungen konfrontiert ist. Diese gehen vor allem von Cyberangriffen und (direkt oder indirekt von fremden Staaten gesteuerten) Desinformationskampagnen aus. Letztere waren im Jahr 2021 primär auf russische Staatsmedien zurückzuführen.

Innenministerin Dr. Tamara Zieschang: „Die größte Bedrohung für unsere freiheitliche demokratische Grundordnung geht nach wie vor vom Rechtsextremismus aus. Das zeigt sich sowohl in quantitativer Hinsicht als auch in qualitativer Hinsicht. Zuletzt formierten sich mehrere neue rechtsextremistische Gruppierungen bis hin zu einer Parteineugründung. Der wirksamste Schutz gegen solche Bestrebungen sind gut informierte Bürgerinnen und Bürger. Der vorliegende Verfassungsschutzbericht leistet einen wichtigen Beitrag zur Sensibilisierung der Gesellschaft für die Gefahren, die vom politischen Extremismus ausgehen.“

Der Leiter der Verfassungsschutzabteilung, Jochen Hollmann, ergänzt: „Auch wenn der Rechtsextremismus den Schwerpunkt unserer Arbeit zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausmacht, kümmern wir uns auch um die anderen Formen von Extremismus. Wir sind und bleiben wachsam – im realen Alltag wie im virtuellen Raum. Das schließt die hybride Bedrohung wie Desinformationskampagnen mit ein.“