Halle. UMH. Weniger Bluttransfusionen in der Bauchchirurgie: Das ist das Ziel einer klinischen Studie unter der Leitung der Universitätsmedizin Halle. Untersucht wird der Effekt von Tranexamsäure, einem Medikament, das in anderen chirurgischen Bereichen bereits erfolgreich zur Blutungsreduktion eingesetzt wird. Dadurch ließen sich Bluttransfusionen einsparen und damit verbundene mögliche Nebenwirkungen vermeiden sowie Kosten reduzieren. Das oft knappe Spenderblut könnte zudem anderen Patient:innen zugutekommen, die es zwingend benötigen. Am Projekt beteiligen sich deutschlandweit zehn große Kliniken. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Vorhaben über zweieinhalb Jahre mit mehr als 1,7 Millionen Euro.
Der Blutverlust während einer Operation kann Organstörungen und -schäden verursachen. Um dem entgegenzuwirken, kommen Bluttransfusionen zum Einsatz. In der Viszeralchirurgie, also Operationen im Bauchraum, benötigt bei größeren Eingriffen schätzungsweise ein Drittel der Behandelten eine Bluttransfusion während oder nach dem Eingriff. „Bei den rund 60.000 großen viszeralchirurgischen Operationen pro Jahr in Deutschland ist das eine erhebliche Menge an Blutkonserven“, erklärt Prof. Dr. Ulrich Ronellenfitsch, Projektleiter und Oberarzt der Universitätsklinik und Poliklinik für Viszerale, Gefäß- und Endokrine Chirurgie an der Universitätsmedizin Halle.
Nebenwirkungen ausschließen und Vorteile nachweisen
Obwohl manchmal notwendig, gehe der Einsatz von Bluttransfusionen mit möglichen Nebenwirkungen einher. Eventuelle Folgen sind allergische Reaktionen und Effekte auf das Immunsystem, die das Risiko eines Tumorrezidivs bei Patient:innen mit Krebs erhöhen könnten. „Wenn sich diese Blutungen von vornherein reduzieren ließen, könnte das helfen, Bluttransfusionen einzusparen und Kosten zu vermeiden. Mit der Tranexamsäure haben wir eine vielversprechende Möglichkeit, den Blutverlust bei Operationen im Bauchbereich gering zu halten“, sagt Ronellenfitsch.
In der Viszeralchirurgie gebe es bisher kaum Daten zur Verwendung von Tranexamsäure, insbesondere bei Eingriffen zur Entfernung von Speiseröhre, Magen, Dickdarm, Enddarm, Bauchspeicheldrüse oder Leber. Studien aus anderen chirurgischen Disziplinen zeigen, dass sich der Blutverlust mit dem Medikament reduzieren lässt. Gleichzeitig sei dessen Einfluss auf die Blutgerinnung jedoch nicht mit einem erhöhten Risiko für Thrombosen oder Embolien verbunden. „Patient:innen mit Mehrfacherkrankungen oder thromboembolischen Ereignissen in der Vergangenheit sollen in unserer Studie explizit berücksichtigt werden, da besonders bei diesen kritischen Gruppen Daten fehlen. Die Sicherheit während der Behandlung steht dabei im Vordergrund“, betont der Facharzt für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie.
Bundesweit werden 850 Patient:innen in die Studie eingeschlossen, davon etwa 120 an der Universitätsmedizin Halle. Das Augenmerk liegt auf der Anzahl der benötigten Bluttransfusionen bei Verwendung von Tranexamsäure im Vergleich zur Gabe eines Placebos. Weitere Kriterien sind unter anderem der Blutverlust während der Operation, auftretende Komplikationen, die Dauer des Krankenhausaufenthalts und die Lebensqualität. „Die Perspektive der Patient:innen spielt eine große Rolle bei der Konzeption und Durchführung von Studien. Um diese Perspektive bestmöglich zu berücksichtigen, arbeiten wir während des Projektes eng mit Patient:innenorganisationen zusammen“, so Ronellenfitsch.
Beteiligte
Projektpartner sind die Universitätsmedizin Halle, die Universitätsklinika Freiburg, Magdeburg, Mannheim und Ulm sowie das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, das Klinikum der Universität München, das Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, das Klinikum Oldenburg und die Uniklinik RWTH Aachen.