Halle. TbdG. Am 09. Oktober 2024 jährt sich der rechtsterroristische, antisemitische, rassistische und frauenfeindliche Anschlag von 2019 in Halle und Wiedersdorf zum fünften Mal. Die hallesche Projektgruppe „Tagebuch der Gefühle“ veröffentlicht anlässlich dieses Tages eine Ausstellungsreihe unter dem Titel „Wo warst Du?“. In Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt sind elf Ausstellungen im gesamten Stadtgebiet zu sehen.
Mit der Ausstellungsreihe „Wo warst Du?“ möchte die Projektgruppe „Tagebuch der Gefühle“ einen Beitrag zu einem kollektiven Erinnern und eine Ergänzung zu den etablierten Erinnerungsformaten leisten. Dabei soll nicht ausschließlich Vergangenes in den Fokus genommen werden, sondern auch die Frage diskutiert werden, wie wir in Zukunft als Gesellschaft zusammen leben wollen.
Nebenausstellungen mit ausgewählten Stimmen des Erinnerns
In zahlreichen Gesprächen merkten die Teilnehmenden des Projektes, dass sich die Menschen in Halle sehr genau daran erinnern können, wo sie zum Zeitpunkt des Anschlags waren und was sie gemacht haben. Die Gruppe beschloss, Gedanken und Gefühle der Stadtbevölkerung von Halle zu sammeln. Innerhalb von anderthalb Jahren wurden so über 1.000 Stimmen zusammengetragen.
Ausgewählte Stimmen sind seit 09. September 2024 in zehn Nebenausstellungen in Halle zu sehen. „Die gesammelten Stimmen stammen aus ganz Halle, weswegen wir sie auch möglichst allen zugänglich machen wollen. Wir möchten auf die Menschen zugehen, sie in ihrem Alltag erreichen und zum Nachdenken anregen“, sagt Paul Fiedler, Projektteilnehmer beim „Tagebuch der Gefühle“.
Die Stimmen können an folgenden Standorten angesehen werden:
- BG Klinikum Bergmannstrost
- Gesundheitszentrum Silberhöhe e.V.
- Kulturverein Blendwerk e.V.
- Landesmuseum für Vorgeschichte Halle (Saale)
- Marktkirche „Unser lieben Frauen“
- PASSAGE 13
- Poli Reil
- Quartiermanagement Halle-Nord (ab 30. September 2024)
- Ratshof (ab 08. Oktober 2024)
- Kirchengemeinde St. Briccius
Multimediale Hauptausstellung
Zudem wird es vom 05. bis 09. Oktober 2024 eine multimediale und interaktive Hauptausstellung in der Volkshochschule Halle geben, in der weitere Stimmen zu lesen und hören sein werden. Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf einer barrierearmen Zugänglichkeit und Gestaltung des Ausstellungsraumes. Zudem können Podcasts angehört werden, die in Zusammenarbeit mit seh- und lernbehinderten Schülerinnen und Schülern des LBZ „Hermann vom Helmholtz“ entstanden sind. Diese wurden während einer gemeinsamen Gedenkstättenfahrt in das Konzentrationslager Auschwitz aufgenommen.
Ein Ständecafé mit demokratiefördernden Organisationen, Vereinen, Bündnissen und Initiativen aus Halle, wird die Ausstellung am 05. Oktober 2024 von 10 bis 14 Uhr ergänzen. Dieses findet im Innenhof der Volkshochschule statt. Zudem wird es mehrere Veranstaltungsformate geben.
Die Ausstellungsreihe „Wo warst Du?“ des Projektes „Tagebuch der Gefühle“ wird unterstützt durch die Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt, die Jugendfonds der HALLIANZ für Vielfalt, die SBH Nordost Halle (Saale), OPENION – Bildung für eine starke Demokratie und den DGB Region Halle-Dessau.
Über das Projekt „Tagebuch der Gefühle“
Seit 2011 gehen Jugendliche der Projektgruppe „Tagebuch der Gefühle“ in ihrer Freizeit auf Spurensuche. Sie beschäftigen sich mit der Zeit des Nationalsozialismus. Dabei setzen sie sich mit Biografien von Opfern und Tätern auseinander, putzen Stolpersteine und besuchen Gedenkorte in ganz Europa. In „Tagebüchern der Gefühle“ schreiben sie ihre Gefühle und Gedanken auf, produzieren Videos, erstellen Zeichnungen und Comics. In Präsentationen an Bildungseinrichtungen und in öffentlichen Veranstaltungen teilen sie ihre persönlichen Erfahrungen und kommen ins Gespräch. Sie bezeichnen sich selbst als die „neuen Zeitzeugen“, da sie die Geschichten der Opfer des Nationalsozialismus weitertragen und für eine tolerante und vielfältige Gesellschaft einstehen. Für ihre Arbeit wurden sie mit zahlreichen Demokratie- und Engagementpreisen, unter anderem mit dem „Margot-Friedländer-Preis“ 2021, ausgezeichnet.