
Halle/LAV. Das Landesamt für Verbraucherschutz (LAV) hat keine Grenzwertüberschreitungen beim Gehalt von Bisphenol A (BPA) im Trinkwasser festgestellt. Die chemische Verbindung ist vor allem bekannt für ihre schädliche Wirkung auf das menschliche Hormonsystem.
Seit der Einführung der BPA-Diagnostik Ende 2023 sind insgesamt 132 Trinkwasserproben untersucht worden.
Bisphenol A (BPA) ist eine chemische Verbindung, die als Ausgangsstoff für die Herstellung von Polycarbonat-Kunststoffen und Epoxidharzen eingesetzt wird. Diese Materialien finden sich in einer Vielzahl von Alltagsgegenständen, wie z. B. in Bodenbelägen, Lacken, Lebensmittelverpackungen und Beschichtungen. BPA ist aufgrund seiner reproduktionstoxischen Eigenschaften und seiner hormonellen Wirkung beim Menschen als besonders besorgniserregender Stoff eingestuft [1].
Für Trinkwasser wurde in der Europäischen Union durch die RICHTLINIE (EU) 2020/2184 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch ein Grenzwert von 2,5 μg/L an BPA festgelegt. Dieser Grenzwert wurde in der deutschen Trinkwasserverordnung übernommen und gilt in Deutschland seit dem 12. Januar 2024.
Im LAV wurde im November 2023 die BPA-Analytik im Trinkwasserlabor eingeführt. Bis zum 31.12.2024 wurden insgesamt 132 Trinkwasserproben untersucht. In der überwiegenden Mehrheit der Fälle (127 Proben, das entspricht 96 %) konnten keine quantifizierbaren Gehalte (<0,25 μg/L) festgestellt werden.
Bei den verbleibenden fünf Proben lagen die BPA-Werte zwischen 0,27 und 1,56 μg/L. Keine der untersuchten Proben überschritt dabei den geltenden Grenzwert von 2,5 μg/L. Die Untersuchungen konzentrierten sich ausschließlich auf kaltes Wasser, da dieses den Zustand repräsentiert, in dem Trinkwasser durch das öffentliche Versorgungssystem bereitgestellt wird. Die Ergebnisse des LAV werden durch Untersuchungen des Chemischen und eterinäruntersuchungsamtes (CVUA) Stuttgart bestätigt, die ebenfalls zeigen, dass kaltes Trinkwasser in der Regel keine erhöhten BPA-Gehalte aufweist. [2]
BPA kann durch verschiedene Wege ins Trinkwasser gelangen
Eintrag aus Industrieeinleitungen und Recyclingprozessen in den Wasserkreislauf: Eintrag von Industrieanlagen, die BPA herstellen, verarbeiten oder Materialien mit BPA recyclen in die industriellen Kläranlagen der Unternehmen oder in kommunale Kläranlagen. Sofern die Abwasseranlagen mit ausreichend Sauerstoff versorgt sind, können Mikroorganismen das BPA gut abbauen (Abbauraten von 61-98%) [3], sodass ein Eintrag über den Wasserkreislauf in Trinkwasserressourcen weitgehend vernachlässigbar ist.
Kontakt mit epoxidharzbeschichteten Leitungsmaterialien: Erhöhte BPA-Konzentrationen im Trinkwasser (besonders in warmem Trinkwasser) sind häufig das Ergebnis von Innenrohrsanierungen, die nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen.
Bei derartigen Innenrohrsanierungen, auch Inliner-Verfahren genannt, werden die Leitungen mit 2-Komponenten-Epoxidharz innenbeschichtet. Dabei wird das Leitungssystem gereinigt, getrocknet und anschließend mit einer Harzschicht ausgekleidet. Diese Verfahren sind nicht von den allgemeinen Regeln der Technik gedeckt, da das Risiko besteht, dass durch unsachgemäße Aushärtung oder Materialalterung schädliche Stoffe wie BPA ins Trinkwasser gelangen. Dennoch werden diese Verfahren nach wie vor als Alternative zum Austausch sanierungsbedürftiger Trinkwasserleitungen beworben. Von einer Durchführung derartiger Epoxidharz-Innenrohrsanierungen wird abgeraten.
Untersuchungen des CVUA Stuttgart ergaben, dass in Gebäuden mit Inliner-Verfahren-sanierten Trinkwasserleitungen im Warmwasser deutlich höhere BPA-Werte nachgewiesen werden können. Dabei wurden BPA-Konzentrationen bis zu 211 μg/L festgestellt [2].
Verbraucherinnen und Verbraucher sollten daher aufmerksam sein und aktiv werden, wenn sie vermuten, dass derartige Sanierungsarbeiten an den Wasserleitungen ihres Gebäudes durchgeführt wurden.
Was können Sie als Verbraucherin bzw. Verbraucher tun
Bei Verdacht auf eine Sanierung der Wasserleitungen mit Epoxidharz in Ihrem Gebäude können Sie zur Klärung folgende Schritte selbst unternehmen:
- Überprüfung von Unterlagen und ggfs. Kontaktaufnahme mit Handwerksbetrieben:
- Sichten Sie vorhandene Handwerkerrechnungen, Sanierungsberichte oder Bauunterlagen.
- Achten Sie auf Begriffe wie “Epoxidharzbeschichtung”, “Inliner-Sanierung” oder ähnliche Hinweise
- Kontaktieren Sie den ausführenden Handwerksbetrieb, falls aus den Unterlagen keine klaren Informationen hervorgehen.
- Fragen Sie konkret nach, ob Epoxidharz für die Sanierung eingesetzt wurde und welche Bereiche betroffen sind.
- Wasseruntersuchung bei bestätigter Sanierung:
- Falls bestätigt wird, dass Epoxidharz verwendet wurde, sollten Sie das Warmwasser
auf mögliche Rückstände untersuchen lassen. Unter https://verbraucherschutz.sachsen-anhalt.de/wir-ueber-uns-service/trinkwasseruntersuchungsstellen finden Sie eine Liste der zugelassenen Trinkwasseruntersuchungsstellen in Sachsen-Anhalt. - Sind Sie Mieterin oder Mieter, dann können Sie mit der Vermieterin bzw. dem Vermieter oder der Hausverwaltung klären, ob Trinkwasserleitungen mit Epoxidharz saniert worden sind.
Hinweis des LAV
Entnehmen Sie stets kaltes Trinkwasser zum Trinken und zur Zubereitung von Speisen aus der Leitung. Lassen Sie dazu das stehende Trinkwasser ablaufen, bis es nicht mehr kälter wird („Fingerprobe“), um frisches Trinkwasser aus dem Versorgungsnetz zu erhalten. Halten sich Verbraucherinnen und Verbraucher an diese Empfehlung, zeigen die aktuellen Ergebnisse des LAV und des CVUA Stuttgart, dass die BPA-Kontaminationen im kalten Trinkwasser zuverlässig vermieden wird.
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[1] Safe, S. (2000): Bisphenol A and related endocrine disruptors. Toxicol Sci 56 (2): 251-252.
[2] https://www.ua-bw.de/pub
[3] https://www.umweltbundesamt.de/themen