Gesetzesnovelle erleichtert Bauen in Sachsen-Anhalt

Wohncampus Halle Neustadt
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Magdeburg. MID. Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat heute ein Gesetz beschlossen, der das Bauen im Land spürbar erleichtern soll. „Wir haben zahlreiche Vorschriften vereinheitlicht und vereinfacht, die Bauordnung insgesamt deutlich entschlackt, um Bauen in Sachsen-Anhalt schneller, einfacher und kostengünstiger zu machen“, sagte die Ministerin für Infrastruktur und Digitales, Dr. Lydia Hüskens, heute in Magdeburg nach der Beschlussfassung über das Gesetz zur Änderung der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt und des Gesetzes zur Durchführung der Marktüberwachung von harmonisierten Bauprodukten in Sachsen-Anhalt.

Nach den Worten der Ministerin ist die Gesetzesnovelle das Ergebnis eines intensiven Austauschs mit Fachleuten aus der Praxis. Im Rahmen des Wohnungsbaudialogs mit 14 Kammern und Verbänden des Landes wurden zahlreiche Vorschläge erarbeitet und sorgfältig geprüft. „Diese Anregungen sind nun in das neue Baurecht eingeflossen“, sagte Lydia Hüskens. „Ziel war es, bürokratische Hürden abzubauen, das Regelwerk verantwortungsvoll zu verschlanken und Baukosten zu senken. Gemeinsam ist uns das gelungen“, hob sie hervor.

Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf dem Wohnungsbau. Künftig sind Modernisierungen und Umnutzungen bestehender Gebäude deutlich einfacher. So kann der Ausbau von Dachgeschossen unter bestimmten Voraussetzungen ohne Baugenehmigung erfolgen. Auch der Ausbau erneuerbarer Energien wird vereinfacht: Für Solaranlagen auf Dächern gelten geringere Mindestabstände zu Brandwänden; Wärmepumpen dürfen innerhalb der Abstandsflächen errichtet werden. Entsprechende Erleichterungen gibt es auch für den weiteren Mobilfunkausbau. Zudem ist der Austausch älterer Anlagen durch moderne  jetzt genehmigungsfrei möglich.

Alle Änderungen im Detail

Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung baulicher Anlagen vereinfachen
Mit der Einführung der Experimentierklausel (u.a. §§ 86a und 60a) wird der Umbau im Bestand erleichtert, damit die vorhandene Bausubstanz möglichst lange sinnvoll genutzt werden kann und Gebäudeabrisse möglichst vermieden werden. Hierzu werden mit der neuen Regelung des § 86a BauO LSA Standards deutlich, aber um ein verantwortbares Maß, abgesenkt, um den Umbau zu vereinfachen und Kosten zu senken.

Regelungen zum Gebäudetyp E (E wie einfaches oder experimentelles Bauen) werden eingeführt. Hierfür wird die Beantragung einer Abweichung gemäß § 66 BauO LSA für Bauherrinnen und Bauherrn vereinfacht.

Der Dachgeschossausbau zu Wohnzwecken wird im unbeplanten Innenbereich (durch § 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a BauO LSA) genehmigungsfrei gestellt.

Mit einer Änderung in § 47 (Wohnungen) werden Aufenthaltsräume in rechtmäßig bestehenden Gebäuden vereinfacht in Wohnraum umgenutzt werden können.

Auch eine Regelung zum Staffelgeschoss wird neu eingeführt.

Genehmigungsverfahren durch Abbau bürokratischer Hürden beschleunigen
Für die Genehmigungsfreistellung (§ 61 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA) entfällt die Möglichkeit, dass der Bauherr oder die Bauherrin durch Einreichung eines Bauantrages bestimmen kann, dass auch für Vorhaben, die genehmigungsfrei gestellt sind, ein Bauantrag gestellt werden kann.

Im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren (§ 62 BauO LSA) und im Baugenehmigungsverfahren wird unter Beibehaltung des Anwendungsbereichs der Prüfrahmen der Bauaufsichtsbehörden reduziert.

Dies reduziert den Prüfumfang für die Bauaufsichtsbehörden und stärkt die Eigenverantwortung von Bauherrinnen und Bauherren sowie Entwurfsverfasserinnen und Entwurfsverfassern.

Einsatz von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien soll erleichtert werden
Der Abstand von Solaranlagen zu Brandwänden bei Gebäuden der Gebäudeklasse 1 und 2 (§ 31 Abs. 1 Satz 2 BauO LSA) wurde reduziert; Solaranlagen auf Dächern von Gebäuden der Gebäudeklasse 1 und 2 können künftig ohne Abstand zu den Brandwänden errichtet werden; dabei sind die Brandwände freizuhalten.

Mit der Einführung der neuen Regelung sind Wärmepumpen einschließlich ihrer Fundamente und Einhausungen mit einer Höhe bis zu 2 m und einer Gesamtlänge je Grundstücksgrenze von 3 m in den Abstandsflächen eines Gebäudes sowie ohne eigene Abstandsflächen zulässig, auch wenn sie nicht an die Grundstücksgrenze oder an das Gebäude angebaut werden.

Die Gesetzesänderung beinhaltet außerdem:

  • eine Anpassung der Vorschriften der BauO LSA an die Richtlinie 2006/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Maschinen und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG (Maschinenrichtlinie – MLR) bzw. deren nationaler Umsetzung durch die Neunte Verordnung zur Durchführung des Produktsicherheitsgesetzes (Maschinenverordnung – 9. ProdSV) und
  • die Erweiterung der Tatbestände des § 60 BauO LSA (Verfahrensfreie Bauvorhaben) um:
    • Solaranlagen im Geltungsbereich einer städtebaulichen Satzung oder einer Satzung nach § 85, die Regelungen über die Zulässigkeit, den Standort und die Größe der Anlage enthält, wenn die Solaranlage den Festsetzungen der Satzung nicht widerspricht,
    • Anlagen zur Wasserstofferzeugung, sofern der darin erzeugte Wasserstoff dem Eigenverbrauch in den baulichen Anlagen dient, für die sie errichtet werden,
    • Anlagen zur Erzeugung und Nutzung von Wasserstoff sowie die zugehörigen Gasspeicher, bei denen die Prozessschritte Erzeugung und Nutzung in einem werksmäßig hergestellten Gerät kombiniert sind und die Speichermenge 20 kg nicht übersteigt,
    • Aufzüge im Rahmen der technischen Gebäudeausrüstung sowie
    • die Erneuerung von flächengleichen Balkonen sofern dem Bauherrn/der Bauherrin eine Bestätigung eines qualifizierten Tragwerksplaners vorliegt
  • die Erweiterung der Tatbestände des § 61 BauO LSA (Genehmigungsfreistellung) um:
    • die Errichtung und Änderung von Solaranlagen im Anwendungsbereich des § 35 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. b des Baugesetzbuches (Solaranlagen entlang von Autobahnen und Schienenwegen) und
    • die Modernisierung und der Ersatz von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien (Repowering).

Mobilfunkausbau wird einfacher
Die Gesetzesnovelle beinhaltet eine weitere Vereinfachung des Abstandsflächenrechts für Antennen im Außenbereich einschließlich der Masten mit einer maximalen Breite des Mastes von 1,50 m und einer Gesamthöhe von nicht mehr als 50 m; sie lösen nunmehr keine Abstandsflächen gegenüber anderen Grundstücken im Außenbereich aus.