Erhaltungssatzung Nr. 55: Stellplätze in den Vorgärten im Fokus

Gesundbrunnen Halle (Saale)
© H@llAnzeiger

Nach der im März erfolgten Anfrage der SPD-Fraktion, welche Genehmigungen seit Inkrafttreten der Erhaltungssatzung Nr. 55 (Gartenstadt Gesundbrunnen) im Jahr 2004 u. a. hinsichtlich Neu-, An- und Umbauten, Dachumbauten und der Errichtung von Stellflächen/Parkplätzen erteilt bzw. abgelehnt wurden, hat die Stadtverwaltung nunmehr erste Antworten geliefert.

Die Stadtverwaltung bezieht sich in ihrer Darlegung im Wesentlichen auf drei Grundsäulen, welche im Gebiet der Erhaltungssatzung Nr. 55 greifen. Demnach müssen verfahrensfreie Bauvorhaben gemäß Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt (BauO LSA) den Anforderungen

1. der Erhaltungssatzung Nr. 55
2. des § 34 Baugesetzbuch (BauGB)
3. der Garagenverordnung des Landes Sachsen-Anhalt (GaVO LSA)

entsprechen. 

Corpus Delicti “Stellplatz im Vorgarten”

Der Stellplatz im Vorgarten nimmt im Verwaltungsakt einen ziemlich hohen Stellenwert ein. Nach Angaben der Stadt laufen im Satzungsgebiet aktuell insgesamt 107 Anhörungsverfahren zu Stellplätzen in Vorgärten. 

Seit Inkrafttreten der Erhaltungssatzung Nr. 55 im Jahr 2004 wurden im Satzungsgebiet 31 Rückbauverfügungen von Stellplätzen in Vorgärten aufgrund von Verstößen gegen die BauO LSA ausgesprochen. Von 26 beantragten Stellplätzen1 im Vorgarten wurden 15 genehmigt. Die Genehmigungen stammen nach Angabe der Stadt überwiegend aus den Jahren 2009 bis 2012. 

Sieben Stellplätze neben/hinter dem Haus wurden beantragt und genehmigt.

PV-Anlagen, Umbauten, Anbauten und Wallboxen

In ihrer Darlegung geht die Stadt auch auf weitere bauliche Anlagen ein. Demnach seien nach 2004 bis dato 11 PV-Anlagen (Photovoltaik-Anlagen) beantragt und nach der Erhaltungssatzung Nr. 55 genehmigt worden. Gemäß BauO LSA wurde der Rückbau einer PV-Anlage verfügt.

Von 31 Bauanträgen für Anbauten wurden 27 genehmigt. Von insgesamt 19 beantragten Umbauten an Dächern und Eingängen wurde ein Umbau abgelehnt.

Eine beantragte Wallbox (E-Ladeinfrastruktur) wurde abgelehnt.

Die Installation von Wärmepumpen und generelle Anbauten wurden nicht beantragt.

Neubauten im Satzungsgebiet

Die Stadtverwaltung Halle gibt in ihrer Schilderung an, dass im Satzungsgebiet seit 2004 kein Antrag auf (Haus)Neubau gestellt wurde. Diese Angabe kann allerdings durch den Neubau von 9 Mehrfamilienhäusern der GWG “Eigene Scholle” in den Jahren 2010 bis 2020 im südlichen Rockendorfer Weg widerlegt werden. Hierfür wurde eine große Fläche rückwärtiger Gärten und ein großer Teil des Schulhofes des ehemaligen Adolf-Reichwein Gymnasiums überformt. 

In die Diskussion um Umweltschutz und Bodenversiegelung muss grundsätzlich auch einfließen, dass den Vorgärten im Satzungsgebiet (bei einem Großteil der Häuser etwa 25 m2) hinter den Häusern Gärten mit einer durchschnittlichen Fläche von etwa 150 m2 gegenüber stehen. 

Stadtverwaltung zur Modifizierung oder Abschaffung der Erhaltungssatzung Nr. 55

Die Verwaltung betont, dass bei Modifizierung oder Abschaffung der Erhaltungssatzung Nr. 55 weiterhin die anderen Grundsäulen – BauGB, BauO LSA und GaVo LSA – greifen würden und geplante Bauvorhaben den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechen müssen. 

Das Parken für alle Eigentümerinnen und Eigentümer auf dem eigenen Grundstück, die Umstellung auf Elektro-Fahrzeuge und die Möglichkeit, diese mit eigens produzierten Solarstrom zu laden, scheint unter den von der Verwaltung angebrachten Punkten weiterhin undenkbar zu bleiben. 

Es bleibt zu hoffen, dass eine Kompromisslösung im Sinne der Zukunftsfähigkeit des Gesundbrunnen-Viertels gefunden werden kann. Die gegründete “Bürgerinitiative Gesundbrunnen” steht hierzu im Austausch mit den Stadtratsfraktionen.

_________________________________
1 Ein Bauantrag gem. BauO LSA und 25 Anträge gem. Erhaltungssatzung Nr. 55.