Sachsen-Anhalt-Monitor 2025 zeigt ambivalente Stimmungslage im Land

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Hohe Lebenszufriedenheit trifft auf politische Verunsicherung

Magdeburg/STK. Der heute veröffentlichte Sachsen-Anhalt-Monitor 2025 zeichnet ein differenziertes Bild der Einstellungen, Wahrnehmungen und demokratischen Orientierungen der Bevölkerung des Bundeslandes. Die Studie erscheint in einer Phase globaler Unsicherheit und gesellschaftlicher Umbrüche. Insgesamt zeigt sich ein ambivalentes Stimmungsbild der Bürgerinnen und Bürger.

Verbundenheit mit Land steigt

Die übergroße Mehrheit der Befragten (insgesamt 90 Prozent) gibt an, dass sie mit dem Leben in Sachsen-Anhalt zufrieden oder sehr zufrieden sind. Im Rückblick auf die Monitore seit 2007 zeigt sich, dass alle Bereiche der Verbundenheit (Wohnort, Sachsen-Anhalt, Ostdeutschland, Gesamtdeutschland, Europa) zwischen 2009 und 2012 anstiegen, 2014 etwas absackten, 2018 einen zwischenzeitlichen Höhepunkt erreichten, um bis 2023 wieder abzusinken und aktuell wieder in eine positive Richtung zu weisen. Dabei erreichen aktuell alle Mittelwerte bis auf den für die Verbundenheit mit dem Wohnort einen vorläufigen Höhepunkt. Es lässt sich also auch langfristig ein über alle Bereiche hinweg positiver Trend der Verbundenheit feststellen.

Hohe persönliche Lebenszufriedenheit – aber kritischer Blick auf die Entwicklung des Landes

Die Mehrheit der Menschen in Sachsen-Anhalt beurteilt ihre persönliche Lebenslage positiv. Besonders geschätzt werden die ländliche und kleinstädtische Struktur, das soziale Miteinander und der starke regionale Zusammenhalt. So sind die Werte zur Beurteilung der persönlichen Zukunft in Sachsen-Anhalt sowie die eigene wirtschaftliche Lage nach einem Rückgang seit 2020 im aktuellen Sachsen-Anhalt-Monitor wieder angestiegen.

Gleichzeitig aber richten viele den Blick kritisch auf strukturelle Herausforderungen im Land, etwa mit Blick auf Infrastruktur, Wirtschaftskraft und soziale Sicherheit.

Während 60 Prozent ihre persönliche Zukunft optimistisch sehen, schätzen nur rund 17 Prozent der Befragten die Zukunft des Landes positiv ein. Zudem empfinden 62 Prozent weiterhin eine Benachteiligung ostdeutscher Lebensläufe.

Bereitschaft zur Veränderung trifft auf wachsende Verunsicherung

Die Studie zeigt eine hohe Veränderungsbereitschaft: 70 Prozent unterstützen eine sozial-ökologische Transformation, viele erkennen die Notwendigkeit an, den eigenen Lebensstil im Zuge des Klimawandels anzupassen.

Gleichzeitig steigt die allgemeine Verunsicherung. 44 Prozent fühlen sich von globalen Entwicklungen überfordert, und 83 Prozent befürchten, künftig nicht mehr in Frieden leben zu können.

Demokratie befürwortet – politische Kultur unter Druck

Die Demokratie findet als Staatsform breite Zustimmung. Dennoch ist die Zufriedenheit mit ihrem Funktionieren nur moderat ausgeprägt. Unzufriedenheit speist sich vor allem aus der wirtschaftlichen Lage, mangelnder politischer Effektivität und dem Gefühl eines ungerechten Wohlstandsanteils.

Das Vertrauen in Institutionen fällt stark differenziert aus: Polizei, Wissenschaft und Gerichte genießen hohe Werte, auch Landesregierung und Landtag schneiden vergleichsweise positiv ab. Bundesregierung, Parteien und Kirchen hingegen stoßen auf geringe Zustimmung.

Die demokratische Orientierung bleibt fragil. Dabei ist die Zahl der entschiedenen Befürworter der Demokratie im Vergleich zu den Umfragen der Jahre 2020 und 2023 wieder angestiegen:

  • 43,5 % gelten als gefestigte Demokraten.
  • 54 % gehören zur Gruppe der „fragilen Demokraten“.
  • 3 % zeigen klare autokratische Tendenzen.

Besonders bei Menschen mit niedriger Bildung oder rechter politischer Orientierung ist die demokratische Haltung weniger gefestigt.

Engagement stärkt Demokratie und Vertrauen

Rund 12 Prozent der Sachsen-Anhalterinnen und Sachsen-Anhalter engagieren sich aktuell ehrenamtlich, doch insgesamt zeigen bis zu 72 Prozent grundsätzliche Bereitschaft zum Engagement. Die Studie belegt: Ehrenamtliches Engagement fördert soziales Vertrauen – und wirkt stabilisierend auf demokratische Orientierungen.

Verbreitete Vorurteile und differenzierte Befunde zu Rechtsextremismus

Gefestigte rechtsextreme Weltbilder bleiben mit unter 10 Prozent klar in der Minderheit. Gleichwohl sind viele gruppenbezogene Vorurteile weit verbreitet:

  • Ausländerfeindliche Aussagen finden teils deutliche Zustimmung.
  • 52 Prozent halten den Islam für rückständig.
  • 81 Prozent sind überzeugt, Langzeitarbeitslose nutzten das System aus.
  • Eine restriktivere Asylpolitik befürworten ebenfalls 52 Prozent.

Autoritäre Dispositionen, Dominanzorientierung und Verschwörungsmentalitäten erweisen sich als zentrale Treiber solcher Einstellungen. Persönliche Kontakte zu Zugewanderten wirken dagegen deutlich vorurteilsreduzierend.

Antisemitismus in verschiedenen Ausprägungen weiterhin präsent

Erstmals untersucht die Studie umfassend verschiedene Formen des Antisemitismus. Während tradierte antisemitische Stereotype mehrheitlich abgelehnt werden, bleiben sie bei 20–25 Prozent vorhanden. Sekundärer sowie israelbezogener und postkolonialer Antisemitismus sind in Teilen der Bevölkerung weit verbreitet und politisch unterschiedlich verortet – mit stärkeren Ausprägungen an politischen Rändern. Bildung wirkt hier klar schützend.

Fazit: Herausforderungen sichtbar – Potenziale ebenso

Der Sachsen-Anhalt-Monitor 2025 zeigt ein Land im Spannungsfeld zwischen stabiler demokratischer Grundhaltung und spürbarer Verunsicherung. Neben Herausforderungen wie Vertrauensverlust, relativer Benachteiligungswahrnehmung und verbreiteten Vorurteilen bestehen zugleich deutliche Potenziale: eine starke Verbundenheit mit dem Land, hohe Engagementbereitschaft und breite Zustimmung zu demokratischen Grundwerten.

Hintergrund
Der Sachsen-Anhalt-Monitor (SAM) wird in diesem Jahr bereits zum 10. Mal vorgelegt. Als Langzeitstudie liefert er repräsentative Daten zu den Einstellungen der Bevölkerung des Landes zu Fragen der Landesidentität, Wirtschaftsentwicklung und Staatsordnung.

Der Fragenkatalog des SAM 2025 sollte im Vorfeld der Erstellung an sich veränderte gesellschaftliche und wissenschaftliche Rahmenbedingungen angepasst werden. Dabei wurde darauf geachtet, den Fragenkatalog zu erneuern, ohne dabei auf die Vergleichbarkeit zu den bisherigen Monitoren (Zeitreihenvergleiche) zu verzichten. Die Befragung wurde einschließlich Pre-Test vom 23. Mai 2025 und bis 14. Juli 2025 durchgeführt. Befragt wurden 1.101 Bürgerinnen und Bürger des Landes Sachsen-Anhalt. Die so erhobenen Daten bilden die Grundlage für die Auswertung durch die Hochschule Magdeburg-Stendal.

Namentlich verantwortlich für die Auswertung der Datensätze und Erstellung der Studie sind Prof.in Dr. Katrin Reimer-Gordinskaya vom Institut für demokratische Kultur an der Hochschule Magdeburg-Stendal und Prof. Dr. Gert Pickel von der Universität Leipzig.