OB Wiegand bleibt suspendiert

Bernd Wiegand
© H@llAnzeiger

Halle. LVwA. Der Oberbürgermeister der Stadt Halle (Saale) hatte am 06. März 2023 einen Antrag auf Aufhebung der vorläufigen Dienstenthebung gestellt. In die Prüfung wurde neben dem aktuellen Sachstand im Disziplinarverfahren auch die aktuelle strafrechtliche Entscheidung des Landgerichts Halle (Saale) zum Impf-Komplex einbezogen.

Im Ergebnis wurde der Antrag durch das Landesverwaltungsamt abgelehnt. Die Voraussetzungen für die vorläufige Dienstenthebung nach § 38 Abs. 1 und Abs. 2 DG LSA liegen weiter vor.

Ein Beamter kann vorläufig des Dienstes enthoben werden, wenn in einem Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird. Hierzu bedarf es einer Prognose über das voraussichtliche Disziplinarmaß. Die Bemessung der Disziplinarmaßnahme richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens. Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist, so sieht es das Disziplinarrecht vor, aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Die aktuellen Feststellungen haben ergeben, dass mehrere der dem Beamten im Disziplinarverfahren vorgeworfenen Handlungen für sich betrachtet, eine solche schwere Disziplinarmaßnahme nach sich ziehen können, sofern sich die Vorwürfe am Ende des Verfahrens bestätigen.

Ferner kann die vorläufige Dienstenthebung ausgesprochen werden, wenn durch das Verbleiben des Beamten die Ermittlungen oder der Dienstbetrieb wesentlich beeinträchtigt würden und die vorläufige Dienstenthebung zur Bedeutung der Sache oder der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht. Angesichts der gegen den Beamten erhobenen Vorwürfe wurde auch das Vorliegen dieser Voraussetzungen bejaht. Das Verwaltungsgericht Magdeburg hatte dies im letzten Jahr bereits bestätigt. Hierbei wurde auf die herausgehobene Stellung des Beamten innerhalb der Verwaltung abgestellt. Damit gehen zahlreiche Befugnisse und Einflussmöglichkeiten einher. Bei der aktuell bestehenden Gemengelage aus Disziplinarverfahren und strafrechtlichen Verfahren in Form einer Beschwerde gegen die abgelehnte Zulassung einer Anklage zum Oberlandesgericht*, einer Anklage zum Landgericht**, sowie eines noch laufenden staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens*** spielt es weiterhin eine entscheidende Rolle, inwiefern eine Rückkehr des Beamten in den Dienst die ggfls. noch notwendige Aufklärung beeinträchtigen könnte. Alle gegen den Beamten erhobenen Vorwürfe betreffen im dienstlichen Kontext stehende sog. innerdienstliche Handlungen.

Auch das demokratisch errungene Wahlamt des Beamten unterliegt wie jedes Beamtenverhältnis den rechtlichen Schranken u. a. des Disziplinarrechts. Dies ist höchstrichterlich entschieden. Unbeschadet des Antrages des Beamten wird das Vorliegen der Voraussetzungen einer Suspendierung stetig weiter überprüft. Dem Beamten steht es frei, gerichtlich Rechtschutz zu ersuchen.

Hintergrund
Am 19. Februar 2021 wurde das Disziplinarverfahren gegen den Oberbürgermeister der Stadt Halle (Saale) eingeleitet und seitdem konsequent sowie unter stetiger Beachtung des gesetzlich verankerten Beschleunigungsgrundsatzes fortgeführt. Das Verfahren musste mehrfach um weitere Vorwürfe erweitert werden. Es wurden zu diesen Vorwürfen zahlreiche Zeugen gehört und umfangreiche Unterlagen ausgewertet, um entsprechend dem gesetzlichen Auftrag alle belastenden und entlastenden Umstände des Sachverhaltes zu ermitteln. Aufgrund der Erhebung der Anklage durch die Staatsanwaltschaft Halle Ende Februar 2022 wurde das Disziplinarverfahren am 04. März 2022 teilweise ausgesetzt, bis das strafrechtliche Verfahren abgeschlossen ist. Die Aussetzung friert einen Teil des Verfahrens ein. Während einer Aussetzung darf zu den teilausgesetzten Sachverhalten nicht weiter ermittelt werden. Zu den nichtausgesetzten Sachverhalten wird zwar weiter ermittelt, eine Abschlussentscheidung darf jedoch nicht getroffen werden, da in einem Disziplinarverfahren nur eine einheitliche Entscheidung über alle Vorwürfe ergehen darf.

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* (Beschwerde gegen die Ablehnung der Anklage zum Oberlandesgericht) betrifft den strafrechtlichen Vorwurf der gemeinschaftlichen veruntreuende Unterschlagung und das Fälschen beweiserheblicher Daten im besonders schweren Fall im Sachverhaltskomplex „Impfen“,

 ** betrifft die erhobene Anklage zum Landgericht in Sachen „EVG“ – uneidliche Falschaussage vor Gericht und Ausspähen von Daten

*** sind die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zum Vorwurf der tarifrechtswidrigen Beschäftigung einer Bediensteten – Ermittlungen laufen wegen des strafrechtlichen Vorwurfs der Untreue im besonders schweren Fall.