Halle. MLU. Die Daten aus Biotopkartierungen können dabei helfen, die Forschung zur Artenvielfalt voranzubringen. Die darin enthaltenen Angaben geben Aufschluss über die örtliche Entwicklung der Pflanzenwelt bis in die 1980er Jahre zurück – eine Zeit, aus der fast keine Quellen vorhanden sind. Wie diese historischen Kartierungsdaten für die Forschung genutzt werden können, zeigt ein Team der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und der Hamburger Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft am Beispiel der Biotopkarten von der Hansestadt. Die Auswertung im Fachjournal “Ecosphere” zeigt auch: Dort sind in den vergangenen Jahrzehnten artenreiche Lebensräume zugunsten von Bauland deutlich zurückgegangen.
In Deutschland werden sogenannte Biotopkartierungen seit den 1980er Jahren in fast jedem Bundesland durchgeführt, auch in vielen europäischen Ländern sind ähnliche Quellen vorhanden. Dabei handelt es sich um flächendeckende Erhebungen aller Biotope, also verschiedener Lebensräume für Pflanzen und Tiere. Häufig sind auch die darin gefundenen Pflanzenarten vermerkt. Das macht die Daten für die Forschung interessant, da sich untersuchen lässt, was sich im Laufe mehrerer Jahrzehnte geändert hat. Außerdem gibt es aus dieser Zeit keine anderen systematischen Erhebungen zur lokalen Artenvielfalt.
Artenarme Lebensräume und Siedlungsgebiete gewachsen
Gemeinsam mit einem Team der Hamburger Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft analysierten die halleschen Forscherinnen und Forscher die Daten der Biotopkartierung aus Hamburg. Dabei zeigte sich, dass zum Beispiel artenreiche Trocken- und Halbtrockenrasen zurückgegangen sind und eher artenarme Lebensräume an Fläche gewonnen haben. Gleichzeitig ist das Gebiet für Siedlungs- und Bauflächen deutlich gewachsen. Anhand der Kartierungsdaten konnte das Team auch zeigen, dass Pflanzen, die an bestimmte Lebensräume stark angepasst sind, es in der Regel schwerer hatten, auf andere Lebensräume auszuweichen
Die Trends aus der Hamburger Analyse reihen sich den Forschenden zufolge in die Ergebnisse zu anderen Regionen in Deutschland und Europa ein: “Wir sehen an vielen Orten, dass vor allem mittelhäufige Arten in ihrem Bestand bedroht sind, während weit verbreitete häufige Arten von den Veränderungen der Lebensräume eher profitieren”, sagt der Geobotaniker Prof. Dr. Helge Bruelheide von der MLU, der auch Mitglied des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig ist. Die Studie zeigt dem Forscher zufolge, wie die Biodiversitätsforschung um bislang wenig genutzte Quellen erweitert werden kann und so größere Zeiträume untersucht werden können. “Die Daten schlummern in den Archiven vieler Behörden, darin steckt ein großes Potenzial”, so Bruelheide abschließend.