Welt-Poliotag: Kinderlähmung ist keine „Kinderkrankheit“

Landesamt für Verbraucherschutz
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Halle. LAV. Anlässlich des jährlich am 24. Oktober stattfindenden Welt-Poliotags informiert das Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt (LAV) über diese Erkrankung.

Die Poliomyelitis, auch unter dem Namen „Kinderlähmung“ bekannt, ist eine sehr ansteckende Erkrankung, die durch Polioviren verursacht wird. Der Übertragungsweg ist hauptsächlich fäkal-oral, d. h. mit dem Stuhl ausgeschiedene Erreger werden mit dem Mund aufgenommen. Betroffen sind insbesondere Kinder unter 5 Jahren, eine Infektion kann aber in jeder Altersgruppe auftreten.

Krankheitsbild

Die meisten Infektionen verlaufen ohne Krankheitszeichen. Bei einem symptomatischen Krankheitsverlauf, oft beginnend mit Fieber und intensiven Rücken-, Nacken- und Muskelschmerzen, kann es zu verschiedenen schweren Verlaufsformen, wie einer Hirnhautentzündung und bleibenden schlaffen Lähmungen von Beinen und auch Armen kommen. Jahre später kann das sogenannte Post-Polio-Syndrom, auftreten, das durch Muskelschwäche und chronische Müdigkeit gekennzeichnet ist.

Eine spezifische Therapie zur Bekämpfung der Viren im Körper existiert nicht. Die Symptome werden behandelt und je nach Krankheitsverlauf sind längere physiotherapeutische und orthopädische Behandlungen erforderlich.

Auftreten von Wildtyp- und Impfstoff-abgeleiteten Polioviren Im Jahr 1988 startete die globale Polio-Eradikationsinitiative. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) konnten zwei der drei Wildvirus-Typen (WPV-2 und -3) durch den breiten Einsatz des oralen Lebendimpfstoff bereits ausgerottet werden. In zwei Ländern tritt die Erkrankung mit WPV-1 noch endemisch auf, in Pakistan und in Afghanistan.

Die Mehrzahl der in den letzten Jahren erfassten Poliomyelitis-Fälle wurde jedoch nicht durch Wildtyp-Viren verursacht, sondern durch sogenannte „Schluckimpfstoff-abgeleitete“ Viren. Die Schluckimpfung wird noch in manchen Ländern, vor allem in Afrika und Asien, eingesetzt. Sie ist sehr effektiv, jedoch können die abgeschwächten Impfviren wieder ausgeschieden werden und sich bei längerer Zirkulation, insbesondere in einer Bevölkerung mit geringer Immunität, genetisch so verändern, dass sie ungeschützte Menschen infizieren und wiederum eine symptomatische Poliomyelitis-Erkrankung (Kinderlähmung) hervorrufen können. Auch im Jahr 2025 wurden Impfstoff-abgeleitete Erkrankungsfälle in einigen afrikanischen Ländern registriert.

Auf den Seiten der Initiative zur globalen Polio-Eradikation(1) sind aktuelle Zahlen zu den gemeldeten und erfassten Poliomyelitis-Fällen weltweit verfügbar. In Deutschland wird seit 1998 ausschließlich ein Totimpfstoff gegen Polioviren eingesetzt. Dieser kann die Erkrankung nicht auslösen, erzeugt allerdings auch keine ausreichende Schleimhautimmunität, sodass Geimpfte zwar geschützt sind, jedoch als Überträger von Polioviren fungieren können.

Impfschutz überprüfen

Vor Poliomyelitis kann man sich durch Impfen schützen. Auch in Anbetracht der Nachweise von Impfstoff-abgeleiteten Polioviren in Abwasserproben, die in einigen Ländern Europas einschließlich Deutschland seit dem letzten Jahr immer wieder erfolgen, wird empfohlen, den Impfschutz gegen Polioviren zu überprüfen und zu vervollständigen(2). Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut empfiehlt Kindern 3 Impfungen im Alter von 2, 4 und 11 Monaten sowie eine Auffrischungsimpfung im Alter von 9-16 Jahren. Weiterhin empfiehlt die STIKO Kindern und Erwachsenen mit fehlender oder unvollständiger
Immunisierung gegen Poliomyelitis, die jeweils fehlenden Impfstoffdosen zu verabreichen.

Auf der Homepage des Landesamts für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt(3) werden regelmäßig Berichte zur Impfsituation der Kinder in Sachsen-Anhalt veröffentlicht.

(1) https://polioeradication.org
(2) https://www.rki.de/DE/Themen/Infektionskrankheiten/Infektionskrankheiten-A-Z/P/Polio/Polio.html
(3) https://verbraucherschutz.sachsen-anhalt.de/hygiene/impfen/impfsituation-impfstatistik