Halle. LAV. Die Poliomyelitis, auch unter dem Namen „Kinderlähmung“ bekannt, ist eine sehr ansteckende Erkrankung, die durch Polioviren verursacht wird. Der Übertragungsweg ist hauptsächlich fäkal-oral, d.h. mit dem Stuhl ausgeschiedene Erreger werden mit dem Mund aufgenommen. Man unterscheidet 3 Wildvirus-Typen (WPV-1, -2 und -3). Betroffen sind insbesondere Kinder unter 5 Jahren, eine Infektion kann aber in jeder Altersgruppe auftreten.
Die meisten Infektionen verlaufen ohne Krankheitszeichen. Bei einem symptomatischen Krankheitsverlauf, oft beginnend mit Fieber und intensiven Rücken-, Nacken- und Muskelschmerzen, kann es zu verschiedenen schweren Verlaufsformen, wie einer Hirnhautentzündung und bleibenden und schlaffen Lähmungen von Beinen und auch Armen kommen. Jahre später kann das sogenannte Post-Polio-Syndrom, auftreten, das durch Muskelschwäche und chronische Müdigkeit gekennzeichnet ist.
Eine spezifische Therapie zur Bekämpfung der Viren im Körper existiert nicht. Die Symptome werden behandelt und je nach Krankheitsverlauf sind längere physiotherapeutische und orthopädische Behandlungen erforderlich.
Impfung schützt
Vor Poliomyelitis kann man sich jedoch durch Impfen schützen. Im Jahr 1988 startete die globale Polio-Eradikationsinitiative (GPEI). Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) konnten die Stämme WPV-2 und WPV-3 durch den breiten Einsatz des oralen Lebendimpfstoff bereits ausgerottet werden. Heute gelten 5 der 6 WHO-Regionen offiziell als frei von Polio-Wildviren. In zwei Ländern tritt die Erkrankung mit dem Wildtyp 1 noch endemisch auf, in Pakistan und in Afghanistan.
Die Mehrzahl der in den letzten Jahren erfassten Poliomyelitis-Fälle wurde nicht durch Wildtyp-Viren verursacht, sondern durch sogenannte „Impfstoff-abgeleitete“ Viren. Denn die abgeschwächten Lebendviren der Schluckimpfung können sich nach Ausscheidung und bei längerer Zirkulation, insbesondere in einer Bevölkerung mit geringer Immunität, genetisch so verändern, dass sie wieder in der Lage sind, die Erkrankung auszulösen. Auch in diesem Jahr wurden Impfstoff-abgeleitete Fälle registriert, vor allem in einigen afrikanischen Ländern, aber auch im Nahen Osten.
Auf den Seiten der Initiative zur globalen Polio-Eradikation sind aktuelle Zahlen zu den gemeldeten und erfassten Poliomyelitis-Fällen weltweit verfügbar.
In Deutschland wird seit 1998 ausschließlich ein Totimpfstoff gegen Polioviren eingesetzt. Dieser kann die Erkrankung nicht auslösen, erzeugt allerdings auch keine ausreichende Schleimhautimmunität, sodass Geimpfte zwar geschützt sind, jedoch als Überträger fungieren können. Um die Polioviren weltweit auszurotten, ist deshalb das Erreichen einer möglichst hohen Durchimpfungsrate wichtig. Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut empfiehlt Kindern drei Impfungen im Alter von 2, 4 und 11 Monaten sowie eine Auffrischungsimpfung im Alter von 9-16 Jahren.
Auf der Homepage des Landesamts für Verbraucherschutz werden regelmäßig Berichte zur Impfsituation der Kinder in Sachsen-Anhalt veröffentlicht.