Halle. UMH. Der 2022 neu für Erwachsene zugelassene Pneumokokken-Impfstoff PCV20 ist den bisher empfohlenen Impfstoffen überlegen. Das zeigen Modellierungen der Universitätsmedizin Halle, die als Datengrundlage für die angepasste Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) genutzt wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat nun beschlossen, die Änderungen in seine Schutzimpfungs-Richtlinie zu übernehmen.
Pneumokokken sind Bakterien, die Atemwegsinfektionen verursachen können und über Tröpfchen übertragen werden. Derzeit sind über 90 Varianten des Erregers bekannt, sogenannte Serotypen, die bei der Besiedelung des Nasen-Rachen-Raums untereinander konkurrieren. Wie sicher und wirksam ein Impfstoff gegenüber verschiedener Serotypen ist, wird im Rahmen von klinischen Studien ermittelt. Allerdings lassen sich diese Ergebnisse nur bedingt auf die gesamte Bevölkerung übertragen. Deshalb sind mathematische Modellierungen ein wichtiges Werkzeug in der Analyse neuer Impfstoffe, indem sie Schätzungen zu den Effekten auf der Bevölkerungsebene ermöglichen.
„Die Impfwirksamkeit alleine sagt noch nicht viel darüber aus, welche Krankheitslast sich damit in der Gesellschaft verhindern lässt, z. B. die Anzahl schwerer Infektionen, Sterbefälle oder entstehende Kosten. Dafür müsste man auch die Wirkdauer, Krankheitsinzidenzen und das Risiko für schwere Krankheitsverläufe sowie epidemiologische Trends berücksichtigen. Indirekte Impfeffekte wie die Herdenimmunität spielen dabei eine besondere Rolle und machen eine Analyse sehr komplex“, erklärt Juniorprofessor Dr. Alexander Kuhlmann, Gesundheitsökonom und Versorgungsforscher an der Universitätsmedizin Halle. Modellierungen seien deshalb ein wichtiges Instrument, um Informationen aus Studien und Datenbanken zusammenzuführen. Für die STIKO hat er die unterschiedlichen Impfstrategien zur Prävention von Pneumokokken-Infektionen bei älteren Erwachsenen untersucht.
Die Analyse berücksichtigte weitere Faktoren wie das Kontaktverhalten, die demografische Entwicklung und Eigenschaften der Erreger. Auch die Effizienz und Effektivität der Impfstrategie sowie die Wirtschaftlichkeit waren von Bedeutung. Der neu zugelassene Impfstoff PCV20 ist gegenüber den bisher empfohlenen Impfstoffen PPSV23 und PCV13 demnach effizienter. Im Vergleich zu PPSV23 müssten deutlich weniger Personen eine Impfung mit PCV20 erhalten, um eine Hospitalisierung oder einen Todesfall durch eine Pneumokokken-Erkrankung zu verhindern. Die Arbeit wurde durch das Robert Koch-Institut gefördert.
Weiterführende Informationen:
- Angepasste Empfehlung der Pneumokokken-Impfung und Wissenschaftliche Begründung: Epidemiologischen Bulletin 39/2023 der STIKO
- Modellierungsergebnisse: Projektbericht von Jun.-Prof. Dr. Alexander Kuhlmann
- Informationen zu den anspruchsberechtigten Personen der Pneumokokken-Impfung: Meldung des Gemeinsamen Bundesausschuss