NGG appelliert an Betriebe in Halle, sich gegen sexualisierte Gewalt zu stellen

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Halle/NGG. Es geht um die rund 112.400 Beschäftigten in 5.040 Betrieben in Halle, die im Handwerk, in der Industrie, in der Dienstleistungsbranche oder im Handel arbeiten. 54 Prozent davon sind Frauen. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) beruft sich dabei auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. Gerade im Einzelhandel und im Gastgewerbe, in denen Kundenkontakt eine große Rolle spiele, würden viele Beschäftigte mit Übergriffen konfrontiert – direkt oder indirekt. Und auch innerhalb der Betriebe kann es zu sexualisierter Gewalt kommen, warnt die NGG Leipzig-Halle-Dessau.

Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) seien bundesweit 20 Prozent aller Beschäftigten schon einmal sexueller Belästigung am Arbeitsplatz ausgesetzt gewesen. 13 Prozent der Betriebe geben an, dass es bei ihnen einen sexualisierten Übergriff in den letzten zwei Jahren gegeben habe. Frauen seien davon deutlich häufiger betroffen als Männer, so die NGG Leipzig-Halle-Dessau.

Sexualisierte Gewalt am Arbeitsplatz sei ein Problem, dass viel zu oft noch vernachlässigt und kleingeredet werde. „Zotige Sprüche, ungewünschte Nacktbilder – und dazu zählt auch der Kalender mit leichtbekleideten Damen in der Umkleide – Fragen zu sexuellen Vorlieben … die Liste ließe sich beliebig fortführen. Das sind alles keine Kavaliersdelikte, sondern sexualisierte Gewalt. Sie schadet den Betroffenen, ihren Kollegen und letztlich auch dem Betrieb selbst“, so der Geschäftsführer der NGG Leipzig-Halle-Dessau, Christian Ullmann.

Vielen Chefs sei nicht bewusst, wie betriebsschädigend so ein Verhalten auch sei. So geben knapp drei Viertel der betroffenen Betriebe an, dass die Arbeitsmoral unter solchen Übergriffen massiv leide. Dazu käme, dass die Krankschreibungen zunähmen und die Produktivität sinke. „Viele Beschäftigte suchen sich dann einfach einen neuen Job, wenn sie Übergriffe oder Belästigungen am Arbeitsplatz erleben. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels kann das gefährlich für das Unternehmen werden“, sagt Christian Ullmann.

Etwas mehr als die Hälfte aller Betriebe beschäftigten sich, der Studie zufolge, zumindest mit der Problematik der sexualisierten Gewalt. Vorbeugende Maßnahmen, die so ein Verhalten verhindern könnten, gebe es in den Betrieben jedoch nur selten. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sehe das allerdings vor, denn es verpflichte die Unternehmen, eine Beschwerdestelle einzurichten und Präventionsmaßnahmen umzusetzen.

„Bei der Umsetzung dieser Schutzvorschriften ist noch viel Luft nach oben. Aber auch hier ist festzuhalten, dass Unternehmen mit einem Betriebsrat die Probleme eher auf dem Schirm haben und diese auch aktiv angehen. Denn sie schaffen Regeln und Transparenz bei dem Umgang mit sexualisierten Übergriffen und können es so den Betroffenen erleichtern, Vorfälle zu melden“, sagt Ullmann.

Sich aktiv als Unternehmen gegen sexualisierte Gewalt zu stellen sei Teil des Arbeitsschutzes, so die NGG Leipzig-Halle-Dessau. „Denn nur ein Betrieb, in dem alle Beteiligten sich wohl fühlen, ist fit für die Zukunft und kann auch größere Krisen meistern“, sagt der Geschäftsführer der NGG Leipzig-Halle-Dessau. Ullmann weiter: „Sexualisierte Gewalt sei auch Gewalt vor allem gegen Frauen. Wir müssen uns bewusst machen, dass das ein gesamtgesellschaftliches Problem ist und nur gesamtgesellschaftlich gelöst werden kann.“ In diesem Zuge unterstütze die Gewerkschaft NGG auch die UN-Kampagne „Orange the World“ die sich gegen Gewalt gegen Frauen richtet. (Hinweis f.d. Red. 25. November bis 10. Dezember) Die Kampagne startet bewusst am 25. November, dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen.