
München. BFH./Berlin. BdSt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat erstmals genaue Berechnungsparameter für die Ermittlung einer doppelten Besteuerung von Renten festgelegt. Zur Doppelbesteuerung kommt es immer dann, wenn man während des Berufslebens mehr Rentenbeiträge aus versteuertem Einkommen gezahlt hat, als man später als steuerfreie Rente herausbekommt.
Der BFH hatte im Rahmen zweier Verfahren ermittelt, dass spätere Rentnerjahrgänge von einer doppelten Besteuerung ihrer Renten betroffen sein dürften. Das Bundesfinanzministerium hatte bisher behauptet, dass es zu keiner doppelten Besteuerung kommen würde.
Bereits gegenwärtig können nach Informationen des Bundes der Steuerzahler (BdSt) Senioren betroffen sein:
- Senioren, die erst kürzlich in Rente gegangen sind,
- (ehemalige) Selbstständige, die keine steuerfreien Arbeitgeberanteile erhalten haben,
- Männer, die wegen ihrer statistisch kürzeren Lebensdauer häufiger tangiert sind,
- unverheiratete Senioren.
Was können Senioren auf Empfehlung des BdSt jetzt tun?
Es ist zu erwarten, dass die Finanzverwaltung in Kürze auf die Urteile reagieren wird und Details zur praktischen Anwendung veröffentlicht. Bis dahin gilt:
- Senioren, die bereits Einspruch gegen den Steuerbescheid eingelegt hatten, sollten nun die Reaktion des Finanzamtes abwarten.
- Wer erst kürzlich seinen Steuerbescheid bekam und zu der Fallgruppe (siehe oben) gehört und deshalb eine Doppelbesteuerung vermutet, kann gegen seinen Steuerbescheid Einspruch einlegen. Das ist nur innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides möglich. Ein Einspruch gegen bestandskräftige ältere Bescheides ist unzulässig.
- Diejenigen, die noch keine Einkommensteuererklärung abgegeben haben, sollten eventuell noch etwas abwarten. Bald wird die Rechtslage sicherlich klarer sein. Übrigens: Der Bundestag hat beschlossen, dass die Steuererklärungen für das Jahr 2020 erst Ende Oktober 2021 beim Finanzamt eintreffen müssen. Es lohnt sich also ggf. noch etwas abzuwarten, was sich tut.
Hintergrund
Bis 2004 unterlagen Renten nur mit einem geringen Anteil der Einkommensteuer. Dadurch zahlten Rentner, die neben ihrer Rente keine weiteren steuerpflichtigen Einkünfte hatten, in der Praxis keine Einkommensteuer. Pensionäre – also insbesondere ehemalige Beamte, aber auch Empfänger von Betriebspensionen – mussten ihre Altersbezüge hingegen voll versteuern. Das Bundesverfassungsgericht hat darin eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gesehen und den Gesetzgeber zu einer Neuregelung spätestens mit Wirkung ab 2005 verpflichtet. Seit dem 01.01.2005 sind nicht nur Pensionen, sondern auch Rentenbezüge im Grundsatz einkommensteuerpflichtig. Im Gegenzug können die Steuerpflichtigen aber ihre Altersvorsorgeaufwendungen – insbesondere ihre Rentenversicherungsbeiträge – als Sonderausgaben von der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage abziehen (nachgelagerte Besteuerung).