Forschung für die Wettervorhersage: Gewittern und Windböen mit Laser und Flugzeugen auf der Spur

Nachrichten Halle (Saale)
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Lindenberg/Offenbach. DWD. Kurzfristige Warnung auf dem Smartphone vor Gewitter mit Starkregen und kräftigen Windböen – fünf Kilometer weiter regnet es noch nicht einmal einen Tropfen. Wer hat eine solche Situation nicht selbst schon erlebt? Um diesen in ihrer räumlichen Ausdehnung oft nur ein paar Kilometer großen und in der Regel recht kurzlebigen Wetterereignissen besser auf die Spur zu kommen, führt der Deutsche Wetterdienst (DWD) derzeit an seinem Meteorologischen Observatorium Lindenberg / Richard-Aßmann-Observatorium (MOL Observatorium (MOL-RAO, Landkreis Oder-Spree, Brandenburg) gemeinsam mit Kooperationspartnern ein Feldexperiment durch.

Im Einsatz: Laser und unbemannte Flugzeuge

Für die Wettervorhersage stellen Quellwolken, Schauer und Gewitter sowie Windböen eine besondere Herausforderung dar.

Wettervorhersagemodelle können solche kleinräumigen Prozesse von kurzer Dauer nicht explizit simulieren. Um diese Vorgänge in der Atmosphäre besser zu verstehen, vermessen seit Anfang Juni 2020, andauernd bis Ende August 2020, fast ein Dutzend so genannte Doppler-Lidar Lidar-Geräte per Laserstrahl das Verhalten des Windes, seine Böen sowie konvektive turbulente Strukturen bis in einige hundert Meter Höhe über Grund. Die Messungen finden am Lindenberger Observatorium und auf dem zugehörigen Grenzschicht-Messfeld im benachbarten Falkenberg statt. Bis Ende Juli kommen zusätzlich unbemannte Messflugzeuge zum Einsatz, um die aus den indirekten Lidar-Messungen abgeleiteten Größen durch direkte Messungen zu überprüfen.

Ziel: Verbesserung des Warnmanagements

Dank des durch die Corona-Pandemie reduzierten Luftverkehrs und der Tatsache, dass der Flughafen BER noch nicht eröffnet ist, dürfen diese Flüge mit Genehmigung der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) sogar bis in eine Höhe von mehreren Kilometern durchgeführt werden.

Den Schwerpunkt werden aber Messungen in den untersten 500 Meter der Atmosphäre bilden. Mit den Messflugzeugen kann die Variabilität von Wind, Temperatur und Wasserdampfgehalt der Luft mit sehr hoher Auflösung erfasst werden. Die Sensoren registrieren aktuelle Messsignale mehr als einhundert Mal pro Sekunde, woraus sich eine räumliche Auflösung im Dezimeter-Bereich ergibt. Die Wissenschaftler wollen mit diesen Messungen neben dem besseren Verständnis von Konvektion, Windböen und Gewittern auch die optimale Messstrategie für den operationellen Dauerbetrieb der Lidar-Geräte am Observatorium herausfinden, denn normalerweise können Flugzeuge wie derzeit nicht eingesetzt werden. Möglicherweise gelingt es dann in einigen Jahren, auch die Bildung von Quellwollen und das Auftreten von Gewittern und Windböen kurzfristig besser vorherzusagen und die Bevölkerung sowie Wirtschaftssektoren wie den Luftverkehr, die Energiewirtschaft oder das Bauwesen frühzeitiger und noch lokaler mit Warnungen zu versorgen.

Wegen Corona verkleinertes Experiment

Das derzeitige Feldexperiment trägt den Namen FESST@MOL (Field Experiment on Submesoscale STructures @ Meteorological Observatory Lindenberg = Feldexperiment zu kleinräumigen Strukturen am Meteorologischen Observatorium Lindenberg). Als Kooperationspartner wirken mit: das Karlsruhe-Institut für Technologie (KIT) – Campus Alpin (Garmisch-Partenkirchen), das Institut für Physik der Atmosphäre am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt – DLR (Oberpfaffenhofen) und das Zentrum für Angewandte Geowissenschaften der Eberhard Karls Universität Tübingen. FESST@MOL ist die reduzierte Variante der ursprünglich für dieses Jahr am MOL-RAO geplanten umfangreichen Kampagne mit dem Namen FESSTVaL (Field Experiment on Submesoscale Spatio-Temporal Variability in Lindenberg Feldexperiment zur kleinskaligen räumlichen und zeitlichen Variabilität der Atmosphäre in Lindenberg). Dabei wollten Wissenschaftler der im Hans-Ertel-Zentrum für Wetterforschung (HErZ) mit dem DWD zusammenarbeitenden Universitäten aus Hamburg, Köln, Bonn, Frankfurt am Main und Berlin und die oben genannten Partner durch umfangreiche Beobachtungen, darunter auch ein Messnetz aus mehr als 100 Bodenstationen und ein lokales Wetterradargerät, die oben genannten Prozesse besser verstehen. Wegen der Corona-Pandemie musste dies dieses größere Experiment ins kommende Jahr verschoben werden.