Digitaltechnik aus Sachsen-Anhalt unterstützt die Orientierung in Extremsituationen

Einsatzbeamter mit mobiler EVOK-Anzeige am Handgelenk und HoloLens Brille. Fotoquelle: IMG / Foto: EVOK.

Magdeburg. IMG/LSA. Ob bei Razzien im kriminellen Milieu, am Ort eines Terroranschlages oder auf der Suche nach Opfern in einer Gefahrenlage wie einem brennenden oder eingestürzten Haus: Für die Einsatzkräfte, die als erste vor Ort sind, bestehen stets erhöhte Risiken für das eigene Leben. In einem Gemeinschaftsprojekt haben Informatiker der Universität Magdeburg, Mitarbeiter des Landeskriminalamtes Sachsen-Anhalt und des Unternehmens METOP GmbH aus Magdeburg ein dreidimensionales Operationsmonitoringsystem entwickelt, das den Polizeirettungskräften während ihres Einsatzes wichtige Informationen über mögliche Gefahrenquellen vor Ort liefert. Weitere Anwendungsbereiche der Technologie sind denkbar.

In akuten Gefahrensituationen, z.B. bei einer Geiselnahme oder Rettungsaktion, ist schnelles und effizientes Handeln erforderlich, dass Polizei bzw. Rettungskräfte der Feuerwehr oder des Technischen Hilfswerkes keinen unnötigen Gefahren aussetzt.  Unmittelbar nach dem Eintreffen am Einsatzort müssen sie zunächst die Lage aufklären und sich orientieren. Von Nachteil ist, dass in akuten Krisensituationen kaum Baupläne von Gebäuden bzw. der Inneneinrichtungen vorliegen. Beim Vordringen in unbekannte Gebäude bewegen sich die Einsatzkräfte von Spezialeinsatzkommandos koordiniert und in kleinen Gruppen vorwärts, wobei sie Ortsinformationen lediglich per Funk weitergeben können. 

Gemeinschaftsprojekt dreier Partner aus Sachsen-Anhalt

In naher Zukunft wird ein digitales 3D-Lagedarstellungssystem die Einsatzkräfte bei ihrer gefährlichen Arbeit unterstützen. Es heißt EVOK. Die Buchstaben stehen für Echtzeit Vor-Ort-Aufklärung und Einsatzmonitoring. Entwickelt wurde es im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Gemeinschaftsprojektes von Forschern der Fakultät für Informatik der Magdeburger Otto-von-Guericke-Universität (OvGU), des Landeskriminalamtes Sachsen-Anhalt (LKA LSA) und des Unternehmens METOP GmbH aus Magdeburg.  „Unsere Zielsetzung war, ein robustes, praxistaugliches System zu entwickeln, das die Arbeit der Spezialeinsatzkräfte nicht einschränkt und ihnen gleichzeitig in Echtzeit nützliche Zusatzinformationen liefert“, so Prof. Dr. Frank Ortmeier, Leiter des Lehrstuhls für Software-Engineering an der OvGU Magdeburg.

Bewegte Echtzeitbilder in drei Dimensionen

Die Realisierung war eine technische Herausforderung: Während Kamerasensoren, die am Helm bzw. auf der Schulter sitzen, den Raum aufnehmen, berechnet ein Kleinstcomputer in Echtzeit ein räumliches Bild. Durch die Bewegung der Einsatzkräfte entstehen dabei riesige Rohdatenmengen. Sie liegen im Bereich von einigen Terabyte. Von den Magdeburger IT-Spezialisten selbst entwickelte Computer-Algorithmen reduzieren die Datenmengen in Sekundenbruchteilen auf die wesentlichen Informationen, die den Einsatzkräften vor Ort in Echtzeit auf einer Anzeige am Unterarm oder zukünftig auch im Helm-Display angezeigt werden. Auf eine GPS-Satellitenortung wurde verzichtet, da sie in den Gebäuden oftmals nicht funktioniert. Stattdessen wird aus den Bewegungsdaten der Einsatzkräfte ihre aktuelle Position ermittelt, während sie die Räume durchlaufen.  Im Unterschied zu handelsüblichen Computerspielen, die einen möglichst fotorealistischen Eindruck vermitteln sollen, liefert EVOK stark stilisierte, wesentliche Informationen, die etwa Sondereinsatzkommandos die schnelle und unkomplizierte Orientierung erleichtern. Außerdem achteten die Systementwickler darauf, dass die an der Ausrüstung angebrachten Sensoren einerseits Stöße und Stürze überstehen und gleichzeitig keine Behinderung im Einsatz sind. Aktuell wird das EVOK Systemaus Sachsen-Anhalt erfolgreich auch auf Flugdrohnen und auf ferngesteuerten Aufklärungsrobotern erprobt.

Autor: Uwe Seidenfaden/IMG Sachsen-Anhalt.